Richtlinie
Richtlinien zur Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Braunkohletagebaus und der Stein- und Braunkohleanlagen
Vom 3. September 2020
1 Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
1.1 Der Bund gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinien und den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu den §§ 23 und 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) Anpassungsgeld für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Braunkohletagebaus, der Braunkohleanlagen und der Steinkohleanlagen, die von einer Maßnahme nach Nummer 2.2.1 betroffen sind, sowie Beitragszuschüsse zu deren Krankenversicherung in Form von Zuwendungen, um die mit dem Kohleausstiegsgesetz vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1818) beschlossene Beendigung der Kohleverstromung und des Braunkohlebergbaus sozialverträglich zu flankieren. Rentenabschläge, die durch die vorzeitige Inanspruchnahme einer sich an das Anpassungsgeld anschließenden Rente wegen Alters entstehen, werden durch die Zahlung von Beiträgen gemäß § 187a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) direkt an die gesetzliche Rentenversicherung ausgeglichen.
1.2 Ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung der Zuwendungen besteht nicht. Vielmehr entscheidet das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) aufgrund seines pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der hierfür zur Verfügung stehenden haushaltsmäßigen Ermächtigungen des Bundes.
2 Zuwendungsempfänger, Definitionen
2.1 Zuwendungsempfänger ist
2.1.1 Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer eines Unternehmens, das in der Bundesrepublik Deutschland Braunkohle abbaut bzw. durch den Einsatz von Braunkohle oder Steinkohle elektrische Energie erzeugt.
2.1.2 Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer eines Tochterunternehmens, das zum Stichtag 30. September 2019 nahezu ausschließlich und unmittelbar für ein Unternehmen gemäß Nummer 2.1.1, das Braunkohle abbaut oder durch den Einsatz von Braunkohle elektrische Energie erzeugt (Braunkohleunternehmen), tätig ist, sowie Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer eines Partnerunternehmens, wenn dieses zum Stichtag 30. September 2019 nahezu ausschließlich und spezifisch im Braunkohletagebau tätig ist. Eine nahezu ausschließliche Tätigkeit eines Tochterunternehmens gemäß Satz 1 ist gegeben, wenn es mindestens 80% seines Jahresumsatzes in 2019 mit einem Braunkohleunternehmen erwirtschaftet hat. Eine nahezu ausschließliche Tätigkeit eines Partnerunternehmens gemäß Satz 1 ist gegeben, wenn es mindestens 80% seines Jahresumsatzes in 2019 aus einer spezifischen Tätigkeit im Braunkohletagebau erwirtschaftet hat.
2.1.3 Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer eines Tochterunternehmens, das zum Stichtag 30. September 2019 nahezu ausschließlich und unmittelbar für ein Unternehmen gemäß Nummer 2.1.1, das durch den Einsatz von Steinkohle elektrische Energie erzeugt, tätig ist. Dies ist der Fall, wenn das Tochterunternehmen mindestens 80% seines Jahresumsatzes 2019 mit einem Unternehmen erwirtschaftet hat, das durch den Einsatz von Steinkohle elektrische Energie erzeugt.
2.2 Im Sinne dieser Richtlinien ist
2.2.1 Maßnahme: Die Stilllegung einer Braun- oder Steinkohleanlage oder eines Braunkohletagebaus aus Anlass eines Zuschlags nach § 21 Absatz 1 in Verbindung mit § 51 oder einer Anordnung der gesetzlichen Reduzierung nach § 35 Absatz 1 in Verbindung mit § 51 oder einer Stilllegung bzw. Überführung in die Sicherheitsbereitschaft gemäß Teil 5 und Anlage 2 sowie dem öffentlich-rechtlichen Vertrag nach § 49 des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes.
2.2.2 Stellvertreterprinzip: Die ersatzweise Berücksichtigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus einer anderen Betriebseinheit des von einer Maßnahme nach Nummer 2.2.1 betroffenen Unternehmens, wobei die Anzahl der Anpassungsgeldberechtigten nicht die Anzahl der Arbeitsplätze überschreiten darf, die aufgrund der durch das Gesetz zur Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung jeweiligen erforderlichen Stilllegung im Kraftwerk, Tagebau, Veredelung oder Querschnittsbereich wie zum Beispiel Verwaltung, Werkstätten und Service des Unternehmens wegfallen.
2.2.3 Unternehmen: Jedes Unternehmen nach Nummer 2.1 dieser Richtlinien.
2.2.4 Entlassung: Die bei Kündigung durch den Arbeitgeber herbeigeführte Lösung des Arbeitsverhältnisses mit Ausscheiden der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers aus der Beschäftigung im Unternehmen nach Nummer 2.2.3;
2.2.5 Bewilligungsstelle: Das BAFA, Außenstelle Weißwasser.
3 Zuwendungsvoraussetzungen
3.1 Anpassungsgeld kann nur gewährt werden, wenn der Antragsteller
3.1.1 vor dem 1. Januar 2044 aus Anlass einer Maßnahme nach Nummer 2.2.1 entlassen worden ist, durch die sein Arbeitsplatz unmittelbar wegfällt, wobei auch die Arbeitsplätze in der Veredelung und den Querschnittsbereichen des Unternehmens nach Nummer 2.2.3, wie zum Beispiel Verwaltung, Werkstätten und Service, einbezogen werden, oder er im Wege des Stellvertreterprinzips anerkennungsfähig ist, das 58. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Entlassung vollendet hat und sein Beschäftigungsverhältnis in einem Unternehmen nach Nummer 2.2.3 am 30. September 2019 begründet war;
3.1.2 bei Aufrechterhaltung seiner bisherigen Beschäftigung im Unternehmen nach Nummer 2.2.3 die Voraussetzungen für den Bezug von
a) Regelaltersrente,
b) Altersrente für besonders langjährig Versicherte,
c) Altersrente für langjährig Versicherte,
d) Altersrente für schwerbehinderte Menschen,
e) Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute
nach dem SGB VI in längstens fünf Jahren – vom Tag seiner Entlassung an gerechnet – erfüllen würde;
3.1.3 in den Fällen der Nummer 3.1.2 Buchstabe c und d Anspruch auf eine mit dem Zugangsfaktor von 1,0 nach § 77 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 SGB VI berechnete Altersrente hat, es sei denn, er erklärt sich vor seiner Entlassung schriftlich und unwiderruflich damit einverstanden, dass der Beginn der Anpassungsgeldzahlung im Hinblick auf einen sich nach dem SGB VI ergebenden vorzeitigen Beginn der Altersrente ermittelt wird; in den Fällen der Nummer 3.1.2 Buchstabe d ist dabei auf den vorzeitigen Beginn einer Altersrente nach Nummer 3.1.2 Buchstabe c abzustellen. Die dabei entstehenden Rentenabschläge werden durch entsprechende Zahlungen an die gesetzliche Rentenversicherung nach § 187a SGB VI ausgeglichen. Besteht zu dem Zeitpunkt des Rentenbeginns nach Nummer 3.1.2 Buchstabe c auch ein Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, werden Rentenabschläge nur für diese Altersrente ausgeglichen.
3.1.4 im Fall der Nummer 3.1.2 Buchstabe a im Zeitpunkt seiner Entlassung die Wartezeit von fünf Jahren nach § 50 Absatz 1 SGB VI erfüllt hat, im Fall der Nummer 3.1.2 Buchstabe b im Zeitpunkt seiner Entlassung die Wartezeit von 45 Jahren nach § 50 Absatz 5 SGB VI erfüllt hat und
3.1.5 in den zwei seiner Entlassung vorangegangenen Jahren ununterbrochen in einem Unternehmen nach Nummer 2.2.3 dieser Richtlinien beschäftigt gewesen ist, es sei denn, dass eine Unterbrechung auf Gründen beruht, die nicht in seiner Person liegen.
3.2 Den von einer Maßnahme nach Nummer 2.2.1 betroffenen Antragstellern kann das Anpassungsgeld frühestens 24 Monate vor der Stilllegung gewährt werden.
3.3 Hat der Antragsteller Anspruch auf eine Leistung ausländischer Versicherungsträger für Zeiten, die bei der Bemessung des Anpassungsgelds berücksichtigt werden, so ist dieser Anspruch zu verwirklichen. Vom Antragsteller ist daher gleichzeitig mit dem Antrag auf Anpassungsgeld ein Rentenantrag zu stellen.
3.4 Vom Unternehmen nach Nummer 2.2.3 ist eine Bestätigung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) darüber einzuholen, dass die zur Entlassung führende Maßnahme eine Maßnahme gemäß Nummer 2.2.1 ist. Die Bundesnetzagentur unterrichtet das BMWi nach dem Zuschlagstermin oder Anordnungstermin darüber, dass der Anlagenbetreiber einen Zuschlag nach § 21 Absatz 1 in Verbindung mit § 51 oder einer Anordnung der gesetzlichen Reduzierung nach § 35 Absatz 1 in Verbindung mit § 51 des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes für eine Steinkohleanlage erhalten hat.
Die Unternehmen nach Nummer 2.2.3 haben spätestens mit der ersten Voranfrage zur Berechtigung einer Arbeitnehmerin bzw. eines Arbeitnehmers auf Gewährung von Anpassungsgeld die der Entlassung zugrundeliegende Gesamtbelegschaftsplanung nach den unmittelbar betroffenen sowie über das Stellvertreterprinzip zu berücksichtigenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern dem BMWi mitzuteilen (Maximalanzahl). Dabei sind für Braunkohleanlagen und -tagebaue die Angaben getrennt aufzuführen.
Unter Berücksichtigung der Maximalanzahl der anspruchsberechtigten Beschäftigten des Unternehmens nach Nummer 2.2.3 muss vom BMWi im Vorjahr die Belegschaftsplanung für das jeweils folgende Kalenderjahr bestätigt worden sein (Teilbelegschaftsplanung). Hierfür legen die Unternehmen nach Nummer 2.2.3 die Teilbelegschaftsplanung dem BAFA spätestens bis zum 15. Januar eines jeden Vorjahres vor. Abweichend hiervon legen die Braunkohleunternehmen nach Nummer 2.1.1 sowie deren Tochter- und Partnerunternehmen nach Nummer 2.1.2 die Teilbelegschaftsplanungen für das Kalenderjahr 2020 und das Kalenderjahr 2021 innerhalb von zwei Monaten nach Veröffentlichung der Richtlinie oder innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf der Frist zur Meldung gemäß Nummern 10 und 11 der Richtlinien gegenüber dem BAFA vor. Abweichend von Satz 1 und 2 dieses Absatzes gelten für Steinkohleunternehmen nach Nummer 2.1.1 sowie deren Tochterunternehmen nach Nummer 2.1.3 folgende Fristen für die Vorlage dieser Belegschaftsplanung:
- 8. Februar 2021 für die Zuschläge, die über die Ausschreibung im verkürzten Verfahren für das Jahr 2020 erteilt werden,
- 12. Juni 2021 für die Zuschläge, die über die Ausschreibung im verkürzten Verfahren für das Jahr 2021 erteilt werden,
- 6. Oktober 2021 für die Zuschläge, die über die Ausschreibung für das Zieldatum 2022 erteilt werden,
- 10. März 2022 für die Zuschläge, die über die Ausschreibung für das Zieldatum 2023 erteilt werden.
3.5 Unternehmen nach Nummer 2.1.1, die einen Zuschlag gemäß § 21 des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes erhalten haben oder denen gegenüber gemäß § 35 des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes die gesetzliche Reduzierung angeordnet wurde, müssen ihre Tochterunternehmen nach Nummer 2.1.3 spätestens zwei Monate nach Bekanntmachung des Zuschlags oder nach Anordnung der gesetzlichen Reduzierung gegenüber dem BAFA, Außenstelle Weißwasser, benennen.
4 Art, Umfang und Höhe der Zuwendung
4.1 Anpassungsgeld
4.1.1 Die Höhe des Anpassungsgelds bemisst sich entsprechend den gesetzlichen Regelungen für die Altersrenten nach den Rentenanwartschaften des Antragstellers in der gesetzlichen Rentenversicherung im Zeitpunkt seiner Entlassung. Bei der Berechnung des Anpassungsgelds werden die maßgebenden Entgeltpunkte in vollem Umfang berücksichtigt (Zugangsfaktor 1,0). Ist oder wird der Antragsteller geschieden, sind die Regelungen des Versorgungsausgleichs bei der Berechnung des Anpassungsgelds anzuwenden. Das Anpassungsgeld wird wie die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung jährlich angepasst.
4.1.2 Bezieht der Antragsteller Übergangsgeld, Krankengeld oder Verletztengeld nach Beendigung einer Beschäftigung oder Tätigkeit, eine Rente aus der Unfallversicherung nach dem Siebenten Buch Sozialgesetzbuch, eine Rente für Bergleute, eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach dem SGB VI oder eine Leistung ausländischer Versicherungsträger für Zeiten, die bei der Bemessung des Anpassungsgelds zu berücksichtigen sind, so wird der Betrag dieser Leistungen auf den nach Nummer 4.1.1 errechneten Betrag des Anpassungsgelds angerechnet, die Rente aus der Unfallversicherung nur in der Höhe, in der sie nach § 93 SGB VI anrechnungsfähig ist.
4.1.3 Das Anpassungsgeld wird vom Tag nach der Entlassung an monatlich nachträglich gezahlt. Es wird längstens für fünf Jahre gewährt. Ist das Anpassungsgeld für Teile eines Monats zu zahlen, so wird das Anpassungsgeld im Verhältnis der Kalendertage des Monatsteils zu 30 Kalendertagen gezahlt.
4.1.4 Im Übrigen gelten, soweit sich aus diesen Richtlinien nichts Anderes ergibt, die Vorschriften des SGB VI für die Altersrenten sowie die Mitwirkungs- und Verjährungsvorschriften des Ersten Buches Sozialgesetzbuch.
4.2 Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung
4.2.1 Anpassungsgeldempfänger, die gesetzlich krankenversichert sind, müssen sich für die Dauer der Gewährung des Anpassungsgelds freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichern. Dies ist vom Anpassungsgeldempfänger bei seiner Krankenkasse für die Dauer des Anpassungsgeldbezuges zu beantragen. Von der Bewilligungsstelle erhält der Anpassungsgeldempfänger für die Dauer der Gewährung des Anpassungsgelds einen Zuschuss aus öffentlichen Mitteln zu den gesetzlichen Krankenversicherungsbeiträgen. Der Zuschuss berechnet sich aus dem nach Nummer 4.1.1 unter Berücksichtigung eines anzurechnenden Hinzuverdienstes errechneten Bruttozahlbetrags des Anpassungsgelds und des ermäßigten Beitragssatzes gemäß § 243 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) und dem durchschnittlichen Zusatzbeitrag gemäß § 242a SGB V. Aus den errechneten Beträgen erhält der Anpassungsgeldempfänger 50% als Beitragszuschuss. Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sind vom Anpassungsgeldempfänger selbst an die Krankenkasse zu entrichten.
4.2.2 Der Beitrag zur sozialen Pflegeversicherung ist von den Anpassungsgeldbeziehern selbst zu tragen und an die Krankenkasse zu entrichten.
4.2.3 Anpassungsgeldempfänger, die bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, erhalten einen Beitragszuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen. Der Zuschuss ist auf 50% des Betrages begrenzt, den der Anpassungsgeldempfänger nachweislich an ein privates Krankenversicherungsunternehmen zu leisten hat, höchstens jedoch auf den Beitragszuschuss, der für den Anpassungsgeldempfänger nach Nummer 4.2.1 zu zahlen wäre.
5 Ausschluss- und Minderungsgründe
5.1 Das Anpassungsgeld wird von dem Zeitpunkt an nicht mehr gewährt, von dem ab der Anpassungsgeldempfänger
a) Anspruch auf eine in Nummer 3.1.2 Buchstabe a bis e genannte Leistung hat. In Fällen, in denen das Anpassungsgeld nach Nummer 3.1.2 Buchstabe c dieser Richtlinien in Zielrichtung der Altersrente für langjährig Versicherte gewährt wird, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass das Anpassungsgeld von dem Zeitpunkt an nicht mehr gewährt wird, von dem ab der Empfänger Anspruch auf eine der in Nummer 3.1.2 Buchstabe a bis c genannten Leistungen hat, wobei ein gleichzeitiger Bezug von Altersrente für schwerbehinderte Menschen und Anpassungsgeld ausgeschlossen ist, oder
b) eine Beschäftigung in einem knappschaftlichen Betrieb im Sinne des § 134 SGB VI oder in einem Unternehmen gemäß Nummer 2.2.3 dieser Richtlinien aufnimmt.
5.2 Das Anpassungsgeld wird für die Zeit nicht gezahlt, für die der Anpassungsgeldempfänger Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem SGB VI bezieht; der grundsätzliche Anspruch bleibt hiervon unberührt.
5.3 Der Anspruch auf Anpassungsgeld entfällt rückwirkend vollständig, wenn nach Ende des Anpassungsgeldbezuges nicht unmittelbar eine der in Nummer 3.1.2 genannten Altersrenten bezogen wird. Ebenfalls entfällt dann für die gesamte Bezugszeit der Anspruch auf Beitragszuschüsse zur freiwilligen gesetzlichen bzw. privaten Krankenversicherung. Dies gilt nicht, wenn die Altersrente ausschließlich aufgrund eines Hinzuverdienstes im Sinne von § 34 SGB VI nicht bezogen wird.
5.4 Hat der Anpassungsgeldempfänger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erst beantragt, so kann das Anpassungsgeld nur gewährt werden, wenn der Anpassungsgeldempfänger seinen Rentenanspruch in Höhe des Anpassungsgelds, das er für die Zeit erhält, für die Rente zuerkannt wird, an den Bund, vertreten durch das BAFA, abtritt.
5.5 Das Anpassungsgeld fällt mit Ablauf des Monats weg, in dem der Anpassungsgeldempfänger gestorben ist.
5.6 Das Anpassungsgeld wird nicht für die Zeit gewährt, in der der Anpassungsgeldempfänger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb eines Mitgliedstaates des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) oder der Schweiz nimmt oder hat. Satz 1 gilt nicht für denjenigen, der im Zeitpunkt seiner Entlassung bereits mindestens zwei Jahre in dem Gebiet eines anderen Staates gewohnt hat und dorthin von der Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland in der Regel täglich, mindestens aber einmal wöchentlich zurückgekehrt ist. Abweichend von Satz 1 kann Anpassungsgeld ferner dann gewährt werden, wenn die Begründung des Wohnsitzes außerhalb eines Mitgliedstaates des EWR oder der Schweiz auf Gründe der Familienzusammenführung oder sonstiger enger familiärer Bindungen zurückzuführen ist.
5.7 Nimmt der Anpassungsgeldempfänger eine Beschäftigung in einem nicht unter Nummer 5.1 Buchstabe b fallenden Unternehmen oder eine selbständige Tätigkeit auf oder übt er eine solche bereits aus, entfällt die Zahlung des Anpassungsgelds im Umfang von 30% des kalenderjährlichen Hinzuverdienstes im Sinne der §§ 14, 15 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) oder des vergleichbaren Einkommens; der Anspruch dem Grunde nach bleibt davon unberührt. Bei Bezug von Sozialleistungen im Sinne des § 96a Absatz 3 SGB VI ist das der Sozialleistung zugrundeliegende Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu berücksichtigen. Liegt der Hinzuverdienst nach Satz 1 zusammen mit dem Anpassungsgeld oberhalb des Betrages des Arbeitsentgelts im Sinne des § 14 SGB IV, das der Anpassungsgeldempfänger im letzten Kalenderjahr vor Beginn des Anpassungsgeldbezugs im Unternehmen nach Nummer 2.2.3 bezogen bzw. erzielt hat, wird das Anpassungsgeld darüber hinaus um diesen Überschreitensbetrag gemindert. Ist der Anpassungsgeldempfänger aus seiner Tätigkeit im Rahmen des Hinzuverdiensts krankenversicherungspflichtig, so entfällt der Zuschuss nach Nummer 4.2.1.
6 Verfahren
6.1 Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendungen sowie für die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Bewilligungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendungen gelten § 44 BHO, die dazu erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur BHO sowie die §§ 48 bis 49a des Verwaltungsverfahrensgesetzes, soweit nicht in diesen Richtlinien Abweichungen geregelt sind.
6.2 Eine Entlassung der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers in den Bezug von Anpassungsgeld ist nur möglich, wenn vom Unternehmen nach Nummer 2.2.3, bei dem der Antragsteller bis zu seiner Entlassung tätig ist, eine Voranfrage bei der Bewilligungsstelle gestellt und diese positiv von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (DRV KBS) beantwortet wurde. Dies stellt sicher, dass im unmittelbaren Anschluss an das Anpassungsgeld Anspruch auf eine der in Nummer 3.1.2 genannten Leistungen besteht. Das Formular für die Voranfrage steht den Unternehmen nach Nummer 2.2.3 auf der Internetseite der Bewilligungsstelle zur Verfügung.
6.3 Das Anpassungsgeld wird auf Antrag der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers gewährt. Der Antrag ist über das von der Bewilligungsstelle auf deren Internetseite zur Verfügung gestellte elektronische Antragsformular zu stellen. Ebenfalls kann der Antrag auch in Papierform gestellt werden. Hierzu ist der Antrag in zweifacher Ausfertigung bei der Bewilligungsstelle einzureichen. Antragsformulare sind bei der Bewilligungsstelle anzufordern oder unter der Internetseite abzurufen. Es werden ausschließlich Anträge angenommen, die mit den Antragsformularen der Bewilligungsstelle erstellt wurden. Anträge, die unter Verwendung anderer Formulare gestellt werden und bzw. oder nicht vollständig sind, werden von der Bewilligungsstelle nicht angenommen. Der Antrag soll innerhalb eines Monats nach der Entlassung gestellt werden.
6.4 Der Antrag muss die Angaben enthalten, die zur Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung des Anpassungsgelds gemäß Nummer 3 erforderlich sind.
Dem Antrag sind beizufügen:
6.4.1 Eine Bescheinigung des Arbeitgebers darüber, dass der Antragsteller aus Anlass einer bestätigten Stilllegungsmaßnahme und aus Gründen entlassen worden ist, die nicht in seiner Person liegen. Die Bescheinigung enthält darüber hinaus u.a. die Bestätigung, in welcher Betriebseinheit, auch unter Angaben zum Stellvertreterprinzip, die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer beschäftigt war. Das Unternehmen nach Nummer 2.2.3 bestätigt außerdem, dass die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer keinen dem Anpassungsgeld vergleichbaren Anspruch aufgrund eines Tarifvertrags oder einer betrieblichen Vereinbarung hat.
6.4.2 Die von der DRV KBS dem Unternehmen nach Nummer 2.2.3 beantwortete Voranfrage nach Nummer 6.2.
6.4.3 Die im Antrag genannten erforderlichen Unterlagen bei durchgeführtem Versorgungsausgleich und Beantragung der Aussetzung des Versorgungsausgleichs nach den §§ 33, 35 oder § 37 des Versorgungsausgleichsgesetzes (VersAusglG).
6.4.4 Die (Jahres-)meldung zur Sozialversicherung des Unternehmens nach Nummer 2.2.3 aus dem letzten Kalenderjahr vor Eintritt in das Anpassungsgeld.
6.4.5 Eine Erklärung
a) zu den in Nummer 5 bezeichneten Ausschluss- und Minderungsgründen,
b) darüber, ob und in welcher Höhe der Antragsteller eine nach Nummer 4.1.2 anzurechnende Leistung bezieht sowie
c) zu einem bereits bei Antragstellung bezogenen Hinzuverdienst,
d) zum Ausgleich von Rentenabschlägen,
e) im Sinne der Nummer 3.1.3, soweit der Antragsteller nicht eine mit dem Zugangsfaktor von 1,0 nach § 77 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 SGB VI berechnete Altersrente beanspruchen möchte.
6.5 Sind die Voraussetzungen für die Gewährung der Zuwendung erfüllt, so erlässt die Bewilligungsstelle einen Zuwendungsbescheid nach diesen Richtlinien.
6.6 Beitragszuschüsse zur Krankenversicherung werden auf Antrag des Antragstellers gewährt.
6.6.1 Dem Antrag auf Beitragszuschüsse sind beizufügen:
a) Eine Verpflichtung des Antragstellers, der Bewilligungsstelle unverzüglich alle Umstände mitzuteilen, die mit den Zahlungen von Beitragszuschüssen im Zusammenhang stehen, insbesondere wenn während des Bezuges von Anpassungsgeld kein Krankenversicherungsschutz mehr besteht.
b) Eine aktuelle Mitgliedsbescheinigung der gesetzlichen Krankenkasse bzw. Beitragsmitteilung der privaten Krankenkasse.
6.6.2 Nach Beendigung der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit im Sinne der Nummer 4.2.1 Satz 5 gilt Nummer 4.2.1 entsprechend.
6.7 Den Anträgen ist eine Erklärung des Antragstellers beizufügen
- über die Einräumung eines den Bestimmungen in Nummer 7.1 entsprechenden Auskunfts- und Prüfungsrechts,
- darüber, dass er die sich aus Nummer 7.2.5 in Verbindung mit Nummer 5.6 und 7.6 ergebenden Verpflichtungen übernimmt und
- darüber, dass er einen Rentenantrag bei der Deutschen Rentenversicherung, der Alterssicherung der Landwirte oder der Künstlersozialversicherung gestellt hat.
6.8 Mit der Auszahlung der Zuwendungen nach Maßgabe dieser Richtlinien und der Entgegennahme durch den Zuwendungsempfänger gilt für diesen der in Nummer 1.1 der Richtlinien beschriebene Zuwendungszweck als erfüllt. Der Antrag nach den Nummern 6.3 und 6.6 gilt gleichzeitig als Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung der Zuwendungen.
7 Prüfungsrechte und Mitteilungspflichten
7.1 Bei der Gewährung von Anpassungsgeld ist vom Antragsteller für die Bewilligungsstelle, das BMWi, den Bundesrechnungshof und deren Beauftragte ein uneingeschränktes Auskunfts- und Prüfungsrecht hinsichtlich der Tatsachen und Unterlagen auszubedingen, die mit der Gewährung des Anpassungsgelds im Zusammenhang stehen. Der Antragsteller ist verpflichtet, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen sowie die Prüfung der Unterlagen zu dulden und zu ermöglichen.
7.2 Der Anpassungsgeldempfänger ist verpflichtet, der Bewilligungsstelle unaufgefordert und unverzüglich alle Umstände mitzuteilen, die den Anspruch auf Anpassungsgeld ausschließen oder mindern oder in sonstiger Weise beeinflussen, insbesondere wenn
7.2.1 er Anspruch auf eine der in Nummer 3.1.2 Buchstabe a bis e genannten Leistungen hat,
7.2.2 er einen Antrag auf Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung gestellt hat,
7.2.3 er eine Rente wegen voller Erwerbsminderung oder eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung erhält,
7.2.4 sich nach Nummer 4.1.2 anzurechnende Leistungen erhöhen oder diese erstmalig gewährt werden,
7.2.5 er seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb eines Mitgliedstaates des EWR oder der Schweiz nimmt,
7.2.6 er eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit bzw. ein Gewerbe aufnimmt oder bereits ausübt. Die Mitteilung muss Angaben über die Art seiner Beschäftigung bzw. Tätigkeit und einen Nachweis über die Höhe seines jeweiligen kalenderjährlichen Einkommens enthalten.
7.3 Der Anpassungsgeldempfänger ist verpflichtet, der Bewilligungsstelle nach Ablauf jedes Kalenderjahres, in dem Anpassungsgeld bezogen und zudem ein Hinzuverdienst erzielt wurde, bis zum 31. März des Folgejahres einen Nachweis über die Höhe des Hinzuverdiensts im jeweiligen Kalenderjahr zu übermitteln.
8 Ausgleich von Rentenabschlägen
8.1 Rentenabschläge aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente werden für Bezieher von Anpassungsgeld durch die Zahlung von Beiträgen gemäß § 187a SGB VI ausgeglichen.
8.2 Die Berechnung der Beiträge zum Ausgleich erfolgt durch die DRV KBS.
8.3 Die Bewilligungsstelle ruft die Beiträge nach § 187a SGB VI rechtzeitig zum Ausscheiden aus dem Bezug des Anpassungsgelds bei der DRV KBS ab und überweist den Betrag direkt an die DRV KBS.
8.4 Eine Auszahlung des Ausgleichsbetrags an eine andere Stelle oder den Anpassungsgeldempfänger ist ausgeschlossen.
9 Erklärungspflicht
9.1 Bei Bezug von Anpassungsgeld besteht grundsätzlich die Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung.
9.2 Das Anpassungsgeld wird durch die Bewilligungsstelle ausgezahlt und ist steuerfrei nach § 3 Nummer 60 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Das Anpassungsgeld unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Absatz 1 EStG und wird im Rahmen der Veranlagung berücksichtigt. Dies kann zu einer Erhöhung der Einkommensteuer auf das steuerpflichtige Einkommen führen.
9.3 Die Bewilligungsstelle hat nach § 32b Absatz 3 EStG für jeden Leistungsempfänger der zuständigen Finanzbehörde die Daten über die im Kalenderjahr gewährten Leistungen sowie die Dauer des Leistungszeitraums elektronisch zu übermitteln.
10 Tochterunternehmen eines Braunkohleunternehmens nach Nummer 2.1.2 Satz 1 und 2
Ein Tochterunternehmen nach Nummer 2.1.2 kann sich bis spätestens zwei Monate nach Inkrafttreten dieser Richtlinien beim BAFA zur Berücksichtigung im Rahmen dieser Richtlinien melden, wenn es mindestens 80% seines Jahresumsatzes in 2019 unmittelbar mit einem Braunkohleunternehmen erwirtschaftet hat. Die Meldung ist zu richten an das BAFA, Außenstelle Weißwasser.
11 Partnerunternehmen im Braunkohletagebau nach Nummer 2.1.2 Satz 1 und 3
Ein Partnerunternehmen nach Nummer 2.1.2 kann sich bis spätestens zwei Monate nach Inkrafttreten dieser Richtlinien beim BAFA zur Berücksichtigung im Rahmen dieser Richtlinien melden, wenn es mindestens 80% des Jahresumsatzes 2019 aus einer spezifischen Tätigkeit im Braunkohletagebau erwirtschaftet hat. Die Meldung ist zu richten an das BAFA, Außenstelle Weißwasser.
12 Inkrafttreten
Diese Richtlinien treten am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft. Sie sind – bei Fortgeltung des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1818) – gültig bis zum 31. Dezember 2048.