Richtlinie
Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen über die nichtinvestive Städtebauförderung (VwV-NIS)
Vom 22. März 2022 – Az.: MLW24-252-41/5 –
1 Zuwendungsziel
Ziel der Städtebauförderung ist es, städtebauliche Missstände zu beseitigen und durch integrierte Ansätze unter Beteiligung aller gesellschaftlicher Gruppen die Stadt- und Ortsteile zu stabilisieren, aufzuwerten und die Lebensqualität dort dauerhaft zu verbessern. Dies erfolgt unter anderem durch die Verbesserung der Wohnverhältnisse, die Anpassung des Wohnumfeldes und des öffentlichen Raumes an den demografischen und klimatischen Wandel sowie durch Verbesserung familien-, behinderten- und generationengerechter sozialer Infrastrukturen, um die Nutzungsvielfalt im Quartier zu erhöhen und den sozialen Zusammenhalt zu stärken.
Zusätzlich stellt das Land seit 2015 neben den investiven Finanzhilfen auch Fördermittel für nichtinvestive Maßnahmen (NIS-Maßnahmen) im Rahmen der Städtebauförderung als Zuschuss zur Verfügung. Die Förderung dient der Begleitung, Unterstützung und Verstetigung von investiven Maßnahmen in festgesetzten Programmgebieten der Städtebauförderung.
Ein wesentlicher Zweck der nichtinvestiven Städtebauförderung besteht darin, die Identifikation der Bewohnerinnen und Bewohner mit dem Quartier und den sozialen Zusammenhalt vor Ort sowie die lokale Wirtschaft zu stärken und in Ergänzung der städtebaulichen Erneuerung zu lebendigen (Quartiers-) Zentren beizutragen. Hierzu können im Rahmen der NIS-Maßnahmen auch neue (Beteiligungs-) Instrumente und Handlungsstrategien modellhaft erprobt werden.
2 Allgemeine Zuwendungsbestimmungen
2.1 Zuwendungszweck und Rechtsgrundlage
Der Zuschuss ist dazu bestimmt, im Rahmen bestehender und nach der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums über die Förderung städtebaulicher Erneuerungs- und Entwicklungsmaßnahmen (Städtebauförderungsrichtlinien – StBauFR) vom 1. Februar 2019 (GABl. S. 88) geförderter städtebaulicher Erneuerungsgebiete ergänzend zu den investiven Maßnahmen dazu beizutragen, dass gebietsbezogene städtebauliche Missstände behoben oder deutlich und nachhaltig gemildert werden. Das Land gewährt den Zuschuss im Rahmen der im Staatshaushaltsplan verfügbaren Mittel. Die Zuwendungen werden nach Maßgabe der hier dargelegten Grundsätze sowie unter Zugrundelegung der §§ 23 und 44 LHO, den VV hierzu und den Regelungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG), insbesondere der §§ 48, 49 und 49a LVwVfG gewährt.
Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht.
2.2 Zuwendungsgegenstand
Der Zuschuss dient dazu, die Lebensqualität und Nutzungsvielfalt in den Quartieren zu erhöhen, die Generationengerechtigkeit zu verbessern und die Integration aller Bevölkerungsgruppen zu stärken. Er soll vor allem zur Sicherung und Verbesserung des sozialen Zusammenhalts und der Integration sowie zur positiven Belebung und Stärkung der (Quartiers-) Zentren eingesetzt werden.
Gefördert werden nichtinvestive Maßnahmen, welche die Zwecke des gebietsbezogenen integrierten Entwicklungskonzepts unterstützen und ohne die Zuwendung nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang verwirklicht werden können.
Dies können insbesondere Maßnahmen sein zur
- Betreuung von Kindern und Jugendlichen in der Freizeit,
- Integration von Migrantinnen und Migranten,
- Inklusion von Menschen mit Behinderungen,
- Teilhabe von älteren Menschen am Leben im Quartier,
- Beteiligung und Mitwirkung der Einwohnerinnen und Einwohner aller Generationen und Mobilisierung ehrenamtlichen Engagements,
- Verbesserung des Stadtteilimages durch Erhöhung der Nutzungsvielfalt und Stärkung des Zusammenhalts im Quartier,
- Stärkung der bedarfsgerechten Nahversorgung und
- Belebung der (Quartiers-) Zentren.
Gefördert werden zuwendungsfähige Ausgaben für nichtinvestive Maßnahmen abzüglich von Zuschüssen Dritter oder anderer öffentlicher Stellen.
Die Förderung kann im Rahmen eines Verfügungsfonds, für den Einsatz eines Quartiersmanagements oder für sonstige geeignete nichtinvestive – einzeln oder auch kombiniert – erfolgen. Notwendig ist ein konkreter Bezug zum städtebaulichen Erneuerungsgebiet.
2.2.1 Verfügungsfonds
Zur stärkeren Beteiligung und Mitwirkung von Betroffenen bei der städtebaulichen Erneuerung können für Maßnahmen im nichtinvestiven Bereich (zum Beispiel Kulturveranstaltungen, Stadtteilfeste, gemeinsame Aktionen im öffentlichen Raum), zur Öffentlichkeitsarbeit und zur Beteiligung der Bevölkerung Verfügungsfonds eingerichtet werden. Über die Mittelverwendung entscheidet ein von der Gemeinde eingesetztes, örtliches Entscheidungsgremium. Eine finanzielle Beteiligung Dritter ist möglich.
2.2.2 Quartiersmanagement
Zuwendungsfähig sind die Ausgaben (Personal- und Sachausgaben) für ein Quartiersmanagement zur Planung, Koordinierung, Umsetzung und Kontrolle der nichtinvestiven Maßnahmen aus diesem Förderprogramm (Nummer 2.2.l und 2.2.3). Die zuwendungsfähigen Personalausgaben für das Fachpersonal dürfen die Tarifsätze des Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst (TVöD) nicht übersteigen.
2.2.3 Sonstige nichtinvestive Maßnahmen
Modellhafte nichtinvestive Maßnahmen, die insbesondere zur Stärkung der Zentren beitragen und die nicht im Rahmen eines Verfügungsfonds durchgeführt werden, sind nur dann zuwendungsfähig, wenn darüber der Gemeinderat oder das nach der Hauptsatzung der Gemeinde zuständig Gremium entscheidet. Der Beschluss ist der Bewilligungsbehörde vorzulegen.
2.3 Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger sind die Gemeinden. Diese können die Fördermittel zusammen mit ihrem Eigenanteil nach Maßgabe dieser Verwaltungsvorschrift auch für Ausgaben zuwendungsfähiger nichtinvestiver Maßnahmen verwenden, die ein Dritter durchführt. Dabei ist sicherzustellen, dass die für den Zuwendungsempfänger maßgebenden Bestimmungen auch dem Dritten auferlegt werden.
2.4 Allgemeine Zuwendungsvoraussetzungen und Zuwendungshöhe
Zuwendungsfähig sind Ausgaben für nichtinvestive Maßnahmen, die ab dem Zeitpunkt der Bewilligung entstehen. Die Zuwendung an die Gemeinde wird im Wege des Zuschusses als Anteilsfinanzierung gewährt. Die Förderung beträgt 60 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben.
Der Förderhöchstbetrag für ein städtebauliches Erneuerungsgebiet beträgt 100.000 Euro, noch nicht abgerechnete NIS-Förderungen werden auf den Förderhöchstbetrag angerechnet. Der Bewilligungszeitraum beträgt bis zu fünf Jahre. Die Nummern 1.2, 1.6–1.8 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBest-K) sind anzuwenden.
Nicht zuwendungsfähig sind die persönlichen und sachlichen Ausgaben der Gemeindeverwaltung und der Verwaltungsgemeinschaft (§ 61 Absatz 3 und 7 der Gemeindeordnung) und die Ausgaben für Einzelmaßnahmen, die aus einem anderen Förderprogramm gefördert werden oder eine andere öffentliche Stelle als die Gemeinde auf anderer rechtlicher Grundlage zu tragen verpflichtet ist oder ohne rechtliche Verpflichtung tatsächlich trägt. Der Einsatz von Mitteln der Fachförderung geht vor.
Der kumulative Einsatz von Fördermitteln nach diesen Förderrichtlinien mit Zuwendungen aus anderen öffentlichen Stellen für einen Verfügungsfonds nach Nummer 2.2. l oder für ein Quartiersmanagement nach Nummer 2.2.2 ist dann zulässig, wenn dadurch die Effektivität der nach dieser Verwaltungsvorschrift eingesetzten Zuwendungsmittel erhöht wird. Bei Einzelmaßnahmen nach Nummer 2.2.3 sind klar abgrenzbare Bereiche zu bilden, um eine Doppelförderung zu vermeiden. Die Nummern 5.1.1 bis 5.1.5 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBest-K) gelten mit der Maßgabe, dass die Anzeigepflicht des Zuwendungsempfängers spätestens mit Abgabe des nächsten Auszahlungsantrags eintritt.
Der Bewilligungszeitraum wird im Zuwendungsbescheid festgelegt. Der Zuwendungsbescheid legt die im Bewilligungszeitraum jährlich zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel fest.
Vor Bewilligung der Zuwendung darf mit der Maßnahme nicht begonnen werden. Als Maßnahmenbeginn ist grundsätzlich der Abschluss eines der Maßnahme zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrags zu werten. Planung, Genehmigungsverfahren etc. gelten nicht als Beginn des Vorhabens.
Eine Zustimmung zum vorzeitigen Beginn kann unter Begründung des Erfordernisses schriftlich beantragt werden.
Die Zustimmung bzw. die Eingangsbestätigung zum Antrag auf vorzeitigen Maßnahmenbeginn begründet keinen Rechtsanspruch auf eine spätere Förderung.
3 Verfahren
3.1 Ausschreibung
Das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen schreibt das Programm jährlich aus. Anträge sind beim zuständigen Regierungspräsidium zu stellen. Genaueres regelt die jeweilige Programmausschreibung. Das zuständige Regierungspräsidium prüft die Anträge und legt dem Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen einen erläuterten internen Entscheidungsvorschlag vor.
3.2 Programmaufstellung und Bewilligung der Finanzhilfen
Das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen entscheidet über die Bewilligung der Zuwendung im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Das zuständige Regierungspräsidium bewilligt die Zuwendung durch schriftlichen Bescheid.
3.3 Verwendungsnachweise, jährliche Nachweise, Auszahlung der Fördermittel
Über die Verwendung der Zuwendung ist ein entsprechender Verwendungsnachweis zu erstellen. Für den Verwendungsnachweis gelten die Nr. 7.1 bis 7.4 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBest-K) entsprechend.
Die Prüfung des Verwendungsnachweises obliegt dem zuständigen Regierungspräsidium.
Bei einer nachträglichen Verminderung der zuwendungsfähigen Ausgaben oder Veränderung der Deckungsmittel gelten die 2.1 bis 2.2 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBest-K) entsprechend.
Die Gemeinde hat darüber hinaus mindestens einmal jährlich dem zuständigen Regierungspräsidium die sachgemäße Verwendung der zur Auszahlung angeforderten Zuwendung nachzuweisen. Die Gemeinde darf die Auszahlung von Zuwendungen nach Bestandskraft des Bewilligungsbescheids nur beantragen, wenn die Ausgaben bereits angefallen sind oder die Mittel voraussichtlich innerhalb von drei Monaten für zuwendungsfähige Ausgaben benötigt werden. Die Vorlage des jährlichen Nachweises regelt der .Zuwendungsbescheid. Die Auszahlung erfolgt über die Landeskreditbank Baden-Württemberg – Förderbank.
Mit dem Auszahlungsantrag hat die Gemeinde eine Erklärung darüber abzugeben, dass bei den Ausgaben nur zuwendungsfähige Ausgaben enthalten sind, die Ausgaben mit den Büchern und Belegen übereinstimmen und die zum Antragszeitpunkt noch nicht ausbezahlten Beträge innerhalb von drei Monaten Auszahlung kommen. Dem Auszahlungsantrag sind Belege grundsätzlich nicht beizufügen. Unrichtige Angaben und Erklärungen im Auszahlungsverfahren können die Rücknahme des Auszahlungsbescheids und die Pflicht zur Erstattung und Verzinsung der zu Unrecht in Anspruch genommenen Fördermittel (vergleiche §§ 48 und 49a LVwVfG) sowie weitere Konsequenzen (zum Beispiel §§ 263, 264 des Strafgesetzbuchs) zur Folge haben.
Zusammen mit dem Verwendungsnachweis im letzten Förderjahr ist ein Erfahrungsbericht über den Einsatz der gesamten nichtinvestiven Städtebauförderungsmittel vorzulegen.
Das Regierungspräsidium bestätigt zum Abschluss der NIS-Maßnahme durch Schlussbescheid die bewilligten und ausbezahlten Fördermittel.
Die Nummern 8.1 und 8.2 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBest-K) finden Anwendung.
Das Regierungspräsidium bestätigt zum Abschluss der NIS-Maßnahme durch Schlussbescheid die bewilligten und ausbezahlten Fördermittel.
4 Schlussbestimmungen
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. Januar 2022 in Kraft und tritt am 31. Dezember 2028 außer Kraft.