Richtlinie
Richtlinie über die Förderung kommunalen Engagements für die ärztliche Versorgung vor Ort (Kommunalförderrichtlinie – KoFöR)
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention
vom 4. Dezember 2023, Az. 31c-G8060-2018/57/172
Zentrales Ziel der Staatsregierung ist es, für alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig vom Alter, Einkommen und von sozialer Herkunft eine möglichst wohnortnahe und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung sicherzustellen. Der Freistaat Bayern gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere der Art. 23 und 44 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften, Zuwendungen für Maßnahmen von Gemeinden, die dem Erhalt oder der Verbesserung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum dienen. Die Förderung erfolgt ohne Rechtspflicht im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Zuwendungen aus dem Programm stellen freiwillige Leistungen dar und können nur insoweit bewilligt werden, als dafür Haushaltsmittel zur Verfügung stehen. Ein Zuwendungsantrag kann deshalb unter Umständen wegen Überzeichnung des Förderprogramms nicht bewilligt werden. Die Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) und die Vorschriften der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) sind in ihrer jeweils geltenden Fassung zu beachten.
1. Zweck der Zuwendung
Eine ausreichende wohnortnahe ambulante ärztliche Versorgung ist in Bayern überwiegend gewährleistet. Aufgrund ungünstiger Entwicklungen von infrastrukturellen und soziodemografischen Faktoren kann es insbesondere bei einer Kumulierung besonderer Herausforderungen, wie dem Zusammentreffen einer alternden Bevölkerung mit erhöhtem medizinischen Versorgungsbedarf bei gleichzeitig ebenfalls älter werdender Ärzteschaft sowie ungünstiger Erreichbarkeit und Mobilitätslage, gleichwohl in Einzelfällen zu einem eingeschränkten Zugang zur medizinischen Versorgung kommen. Für diese Regionen, die häufig einen ländlichen Charakter aufweisen, ist es oftmals schwieriger, ausreichend Ärztinnen und Ärzte für eine vertragsärztliche Tätigkeit zu gewinnen, um die Versorgungslage langfristig zu stabilisieren. Als Ergänzung zur gesetzlich normierten Sicherstellungsverpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns können auch Gemeinden einen Beitrag zur Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen leisten. Der Freistaat Bayern begrüßt diesbezügliches kommunales Engagement und unterstützt Gemeinden im ländlichen Raum dabei, bestmögliche Rahmenbedingungen für den Erhalt und die Verbesserung der ambulanten medizinischen Versorgung in ihren Gemeinden zu schaffen.
2. Gegenstand der Förderung
Gefördert werden folgende Maßnahmen zum Erhalt oder zur Verbesserung der ambulanten medizinischen Versorgung:
a) Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Aufbau von Einrichtungen der vernetzten Versorgung wie Gesundheitszentren, Primärversorgungszentren, Teampraxen und intersektoralen Gesundheitszentren zur Bündelung von gesundheitlichen und pflegerischen oder sozialen Dienstleistungen an einem Ort; zwingender Bestandteil der zu errichtenden Einrichtung ist mindestens ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenes oder ermächtigtes haus- oder kinderärztliches Versorgungsangebot,
b) Maßnahmen im Zusammenhang mit der Gründung kommunaler Eigeneinrichtungen gemäß § 105 Abs. 5 SGB V oder der Gründung kommunaler medizinischer Versorgungszentren (MVZ) gemäß § 95 Abs. 1a SGB V,
c) die Bereitstellung von Service- und Beratungsangeboten der Gemeinden im Rahmen der zulässigen indirekten Wirtschafts- und Gründerförderung, insbesondere Ansiedlungsberatung, Unterstützung bei der Standortsuche, Suche nach geeigneten Praxisräumen, Beratung über Fördermöglichkeiten sowie weitere Service- und Beratungsangebote der Gemeinden zur Gewinnung von Ärztinnen und Ärzten wie die Unterstützung bei der Suche nach Wohnraum oder Baugrundstücken und die Unterstützung bei der Suche nach einem Kindergartenplatz,
d) die Etablierung von Mobilitätsangeboten für Ärztinnen und Ärzte oder Patientinnen und Patienten, insbesondere die Einrichtung von Patientenfahrdiensten,
e) die Entwicklung und Durchführung von Imagekampagnen und Marketingaktivitäten zur Gewinnung von Ärztinnen und Ärzten.
Förderfähige Maßnahmen im Zusammenhang mit der Richtlinie zum Förderprogramm von Bürgerbusprojekten und reine Machbarkeitsstudien sind von einer Förderung nach dieser Richtlinie ausgeschlossen.
3. Fördergebiete
Fördergebiete sind der ländliche Raum im Sinn von Nr. 2.2.1 (Z) in Verbindung mit Anhang 2 der Anlage zur Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) sowie die Räume mit besonderem Handlungsbedarf im Sinn von Nr. 2.2.3 (Z) in Verbindung mit Anhang 2 der Anlage zur Verordnung über das LEP.
4. Zuwendungsempfänger
Antragsberechtigt sind Gemeinden im ländlichen Raum mit höchstens 20.000 Einwohnern und deren Zusammenschlüsse in der Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die von ihnen geführten Unternehmen im Sinn des Art. 86 GO und Art. 49 des Gesetzes über die kommunale Zusammenarbeit (KommZG) mit Sitz in Bayern sowie deren gemeindliche Einrichtungen mit Sitz in Bayern. Antragsberechtigt sind daneben Gemeinden im ländlichen Raum mit mehr als 20.000 Einwohnern und höchstens 30.000 Einwohnern mit Sitz in Bayern, die zudem zu den Räumen mit besonderem Handlungsbedarf im Sinn von Nr. 2.2.3 (Z) in Verbindung mit Anhang 2 der Anlage zur Verordnung über das LEP zählen. Zudem sind Zusammenschlüsse der in Satz 2 genannten Gemeinden in der Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die von ihnen geführten Unternehmen im Sinn des Art. 86 GO und Art. 49 KommZG mit Sitz in Bayern sowie deren gemeindliche Einrichtungen mit Sitz in Bayern antragsberechtigt.
5. Zuwendungsvoraussetzungen
Die Förderung setzt voraus, dass
a) ein zustimmender Beschluss des jeweiligen Kollegialorgans, zum Beispiel des Gemeinderats, der Verbandsversammlung, des Verwaltungsrats oder der Gesellschafterversammlung, bezüglich der geplanten Maßnahme vorliegt,
b) die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns bei der Planung des Projekts beteiligt wurde und eine Stellungnahme zu der geplanten Maßnahme abgegeben hat und
c) der Zuwendungsempfänger sich verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Erlass des Zuwendungsbescheides mit der Umsetzung der Maßnahme zu beginnen; wenn und soweit die Einhaltung dieser Frist zu besonderen Härten führt, kann auf Antrag einer Fristverlängerung zugestimmt werden.
6. Art und Umfang der Zuwendung
6.1 Art der Förderung
Die Zuwendung wird als Projektförderung im Wege der Anteilfinanzierung als zweckgebundener Zuschuss oder zweckgebundene Zuweisung gewährt. Eine Förderung kann pro Gemeinde nur einmalig gewährt werden, wobei eine Kombination mehrerer Maßnahmen möglich ist. Die Projektlaufzeit beträgt höchstens 48 Monate. Im Falle der Nr. 2 Buchst. d erfolgt die Förderung als einmalige Anschubförderung.
6.2 Zuwendungsfähige Ausgaben
Zuwendungsfähig sind ausschließlich Ausgaben, die in ursächlichem Zusammenhang mit den Maßnahmen stehen, zur Durchführung der Maßnahmen erforderlich sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Zuwendungsfähig sind insbesondere Personal- und Sachausgaben, die unmittelbar dem Förderzweck zugeordnet werden können; Personalkosten sind nur dann zuwendungsfähig, wenn es sich um eigens zur Projektdurchführung eingestelltes Personal handelt. Die zur Erfüllung von Pflichtaufgaben der Gemeinden anfallenden Ausgaben sind nicht zuwendungsfähig ebenso wie Ausgaben für Bauarbeiten, mit Ausnahme von Umbaumaßnahmen, die beispielsweise der Verbesserung der Barrierefreiheit dienen, und Ausgaben für kommunale Regiearbeiten.
6.2.1 Zuwendungsfähige Ausgaben bei Maßnahmen nach Nr. 2 Buchst. a und b
Bei Maßnahmen nach Nr. 2 Buchst. a und b sind auch Ausgaben für Beratungsleistungen durch externe Dienstleister zuwendungsfähig. Hingegen sind insbesondere Ausgaben für medizinische Ausstattung oder weitere Einrichtungsgegenstände nicht zuwendungsfähig, ebenso wie Betriebskosten der jeweiligen Einrichtungen. Ebenso sind Kosten für die Übernahme von Praxen im Zusammenhang mit der Gründung kommunaler MVZ nicht zuwendungsfähig.
6.2.2 Zuwendungsfähige Ausgaben bei Maßnahmen nach Nr. 2 Buchst. d
Bei Maßnahmen nach Nr. 2 Buchst. d sind insbesondere Ausgaben im Zusammenhang mit der erstmaligen Einrichtung eines Mobilitätsangebotes zuwendungsfähig; nicht zuwendungsfähig sind hingegen Betriebs- und Folgekosten.
6.3 Höhe der Zuwendung
Die Höhe der Zuwendung orientiert sich an Art und Umfang der zu fördernden Maßnahme. Die Zuwendung beträgt grundsätzlich bis zu 80% der zuwendungsfähigen Projektausgaben, höchstens jedoch 150.000 Euro. Für Zuwendungsempfänger, deren durchschnittliche Finanzkraft je Einwohner in den letzten drei Jahren vor Antragstellung unter dem Landesdurchschnitt der Gemeindegrößenklasse liegt und deren Saldo der freien Finanzspannen in den letzten drei Jahren vor Antragstellung jeweils ein negatives Ergebnis aufweist, kann die Zuwendung auf Antrag bis zu 90% betragen. Die freie Finanzspanne errechnet sich bei kameraler Haushaltsführung aus der Zuführung zum Vermögenshaushalt abzüglich der ordentlichen Tilgungen abzüglich einer eventuellen Zuführung vom Vermögenshaushalt zum Verwaltungshaushalt ohne Berücksichtigung von Ersatzeinnahmen und Rücklagen, bei doppischer Haushaltsführung aus dem Saldo aus laufender Verwaltungstätigkeit abzüglich der ordentlichen Tilgungen ohne Berücksichtigung von Einzahlungen aus der Veräußerung von Sachvermögen und Finanzanlagen. Maßgeblich sind die Ergebnisse der Jahresrechnungen.
6.4 Bagatellgrenze
Zuwendungen können nur beantragt werden, soweit die zuwendungsfähigen Ausgaben für Maßnahmen nach Nr. 2 Buchst. c und e mindestens 10.000 Euro betragen, für alle anderen Maßnahmen 25.000 Euro.
6.5 Mehrfachförderungen
Eine Förderung nach dieser Richtlinie entfällt, soweit für den gleichen Zweck andere Haushaltsmittel des Freistaates Bayern in Anspruch genommen werden. Eine Komplementärfinanzierung mit Mitteln der Kommunen, des Bundes oder der Europäischen Union ist möglich, soweit EU-beihilferechtlich zulässig. Auch in diesen Fällen ist vom Zuwendungsempfänger ein angemessener Eigenanteil in Höhe von mindestens 10% der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben zu erbringen.
7. Sonstige Bestimmungen
7.1 EU-Beihilferecht
Die Bewilligungsbehörde hat in jedem einzelnen Förderfall zu prüfen, ob eine Beihilfe vorliegt. Soweit eine einzelne Förderung als Beihilfe im Sinn des EU-Beihilferechts anzusehen ist, prüft die Bewilligungsbehörde, ob die Voraussetzungen der Verordnung (EU) Nr. 360/2012 der Kommission vom 25. April 2012 über die Anwendung der Art. 107 und 108 AEUV auf De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen (sogenannte DAWI-De-minimis-Verordnung), des Beschlusses 2012/21/EU der Kommission vom 20. Dezember 2011 über die Anwendung von Art. 106 Abs. 2 AEUV auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind (sogenannter DAWI-Freistellungsbeschluss) oder der Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Art. 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen (sogenannte De-minimis-Verordnung) vorliegen. Sofern eine DAWI-De-minimis-Beihilfe oder eine De-minimis-Beihilfe in Betracht kommt, hat der Antragsteller eine De-minimis-Erklärung gegenüber der Bewilligungsbehörde abzugeben. Dem Antragsteller wird bei Vorliegen der Voraussetzungen der DAWI-De-minimis-Verordnung oder der De-minimis-Verordnung eine De-minimis-Bescheinigung ausgehändigt. Diese ist vom Antragsteller zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anforderung der Europäischen Kommission, der Bundesregierung, der Landesverwaltung oder der bewilligenden Stelle innerhalb von einer Woche oder einer in der Anforderung festgesetzten längeren Frist vorzulegen. Der Antragsteller wird bei Vorliegen der Voraussetzungen der DAWI-De-minimis-Verordnung oder des DAWI-Freistellungsbeschlusses mit der jeweiligen Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut. Wird die Bescheinigung innerhalb der Frist nicht vorgelegt, entfallen rückwirkend die Voraussetzungen für die Zahlung und die Beihilfen zuzüglich Zinsen werden zurückgefordert.
7.2 Subvention
Bei der im Rahmen dieser Förderrichtlinie gewährten Zuwendung kann es sich um eine Subvention im Sinn des § 264 des Strafgesetzbuches handeln. Die für die Gewährung der Zuwendung maßgeblichen Tatsachen sind in diesen Fällen subventionserheblich im Sinn dieser Bestimmungen (vgl. Art. 1 des Bayerischen Strafrechtsausführungsgesetzes). In diesen Fällen ist mit dem Zuwendungsantrag eine entsprechende Erklärung abzugeben.
8. Bewilligungsbehörde
Bewilligungsbehörde ist das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.
9. Antragstellung
Der Antrag ist bei der Bewilligungsbehörde schriftlich oder elektronisch unter Verwendung des dafür bereitgestellten Formblattes mit den dort aufgeführten Anlagen einzureichen. Dem unterschriebenen Antrag sind beizufügen:
a) eine Stellungnahme der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns zum Vorhaben,
b) sofern die Herabsetzung des Eigenanteils gemäß Nr. 6.3 Satz 3 beantragt wird, Angaben zu den finanziellen Verhältnissen nach Muster 2a oder 2b zu Art. 44 BayHO,
c) eine Versicherung des Zuwendungsempfängers, dass dieser den Eigenanteil finanzieren kann,
d) gegebenenfalls eine „De-minimis“-Erklärung und
e) gegebenenfalls eine Erklärung zu subventionserheblichen Tatsachen.
Dem Antrag sind zudem eine detaillierte Projektbeschreibung, in der die Hintergründe und Ziele sowie die Bedeutung der Maßnahme für die wohnortnahe ärztliche Versorgung dargelegt werden, sowie ein Ausgaben- und Finanzierungsplan beizufügen.
10. Bewilligung und Auszahlung
Die Bewilligungsbehörde entscheidet über die Anträge und erlässt Zuwendungsbescheide. Sofern dem Antrag nicht entsprochen werden kann, ergeht ein Ablehnungsbescheid. Die Auszahlung der Zuwendung erfolgt auf gesonderten Antrag.
11. Nachweis der Verwendung
Der Verwendungsnachweis ist bei der Bewilligungsbehörde einzureichen und wird von dieser abschließend geprüft.
12. Rückzahlung
Die Förderung ist bei einem Verstoß gegen die in Nr. 5 Buchst. c genannte Zuwendungsvoraussetzung vollständig zurückzuzahlen. Im Falle einer nur kurzfristigen Erreichung des Förderzwecks einer nach Nr. 2 geförderten Maßnahme, kann der Zuwendungsbescheid widerrufen und die Förderung ganz oder teilweise zurückgefordert werden. Die Vorschriften des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes bleiben unberührt.
13. Prüfungsrecht
Der Bayerische Oberste Rechnungshof ist berechtigt, bei den Empfängern der Zuwendung Prüfungen im Sinn des Art. 91 BayHO durchzuführen.
14. Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Richtlinie tritt am 1. Januar 2024 in Kraft; sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2026 außer Kraft.