Richtlinie
Richtlinien für die Übernahme von Bürgschaften durch das Land Hessen für die gewerbliche Wirtschaft und freie Berufe (Landesbürgschaftsprogramm)
[Vom 13. Dezember 2022]
Bezug: Richtlinien für die Übernahme von Bürgschaften und Garantien durch das Land Hessen für die gewerbliche Wirtschaft vom 22. Juni 2015 (StAnz. S. 683) Nachstehend wird die Neufassung der Richtlinien veröffentlicht.
Sie tritt nach dem Tag der Veröffentlichung im Staatsanzeiger für das Land Hessen in Kraft. Die Gültigkeit für den Teil A und den Teil D endet mit Ablauf des 31. Dezember 2029. Die Regelungen zur Gültigkeit der Teile B und C sind den Schlussbestimmungen (Teil D) zu entnehmen.
Die Richtlinien vom 22. Juni 2015, zuletzt geändert am 1. Oktober 2020 treten hiermit außer Kraft.
Teil A
Allgemeine Verfahrensregelungen
I. Allgemeines
1. Rechtsgrundlagen
(1) Das Hessische Ministerium der Finanzen übernimmt im Rahmen der Ermächtigung durch das jeweilige Haushaltsgesetz nach Maßgabe dieser Richtlinien Bürgschaften zur Besicherung von Krediten für volkswirtschaftlich besonders gerechtfertigte und betriebswirtschaftlich vertretbare Vorhaben, die im besonderen Interesse des Landes liegen. Hierzu wird in der Regel eine Stellungnahme des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen eingeholt.
(2) Die Übernahme einer Bürgschaft erfolgt unter Beachtung der beihilferechtlichen Vorgaben der Europäischen Union (Teil B und C dieser Richtlinie).
(3) Ein Rechtsanspruch auf Übernahme von Bürgschaften besteht nicht.
2. Zweckbestimmung
(1) Bürgschaften können zur Besicherung von Investitions- und Betriebsmittelkrediten übernommen werden.
(2) Bürgschaften können auch für Bietungs-, Anzahlungs-, Lieferungs-/Leistungs-, Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsavale für Inlands- und Auslandsaufträge übernommen werden. Ausgeschlossen sind Avale für Zinssicherungsgeschäfte und Derivate.
(3) Das Land übernimmt in Ausnahmefällen für volkswirtschaftlich besonders bedeutsame Vorhaben auch Ausfallbürgschaften für direkte oder indirekte Leasing-Verträge von Leasing-Gesellschaften mit den in Nr. 3 Absatz 1 genannten Personen und Unternehmen.
(4) Für zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits ausgereichte Kredite kann eine Staatsbürgschaft nicht übernommen werden. Als Zeitpunkt der Antragstellung gilt der erste verbindliche Kontakt mit dem Land.
(5) Die dauernde Unterstützung eines Unternehmens ist ausgeschlossen.
(6) Soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt, gilt diese Richtlinie für Leasing-Verbürgungen mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Begriffe „Kreditgeber“, „Kreditgeberin“, „Kreditnehmer“, „Kreditnehmerin“, „Kreditinstitut“ und „Kredite“ die Begriffe „Leasing-Geber“, „Leasing-Geberin“, „Leasing-Nehmer“, „Leasing-Nehmerin“, „Leasinggesellschaft“ und „Leasing-Verträge“ treten.
3. Antragsberechtigung und allgemeine Antragsvoraussetzungen
(1) Antragsberechtigt sind Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sowie Einzelpersonen, soweit sie in gewerblichen Unternehmen oder freiberuflich tätig werden. Antragsberechtigt sind in Ausnahmefällen auch wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von gemeinnützigen Körperschaften bei besonderem Landesinteresse, soweit es sich um wirtschaftlich tragfähige Vorhaben handelt.
(2) Die Antragsberechtigten müssen kreditwürdig sein. Die Personen der Geschäftsleitung müssen über ausreichende fachliche und kaufmännische Erfahrungen verfügen und fähig sein, das zu fördernde Unternehmen erfolgreich zu führen. Im Einzelfall kann die Übernahme einer Bürgschaft davon abhängig gemacht werden, dass die Antragsberechtigten in angemessenem Umfang eine technische oder betriebswirtschaftliche Beratung in Anspruch nehmen.
(3) Landesbürgschaften dürfen nur für Kredite übernommen werden, wenn andere Sicherheiten nicht in dem erforderlichen Ausmaß zur Verfügung stehen und keine Bürgschaften der Bürgschaftsbank Hessen GmbH erreichbar sind (Subsidiarität der Landesbürgschaft). Die Rückzahlung des Kredites durch den Kreditnehmer oder die Kreditnehmerin muss bei normalem wirtschaftlichem Ablauf innerhalb der Laufzeit erwartet werden können. Der mit dem Vorhaben zu erwartende Erfolg muss in einem angemessenen Verhältnis zum Bürgschaftsrisiko stehen.
(4) Die Antragsberechtigten haben für die Finanzierung des Vorhabens in zumutbarem Maße Eigenmittel einzusetzen und noch bestehende Kreditmöglichkeiten wahrzunehmen. Das Kreditinstitut, das den Kredit herauslegt, hat ein angemessenes Eigenobligo zu übernehmen.
(5) Die zu fördernde Betriebsstätte muss in Hessen liegen. Die Antragsberechtigten sollen außerdem dort ihren steuerlichen Sitz haben.
(6) Die Gesamtfinanzierung des Unternehmens muss gesichert sein.
(7) Das Ausfallrisiko ist in banküblicher Form abzusichern. Sicherheiten, die der Kreditgeberin oder dem Kreditgeber für andere Kredite von der Kreditnehmerin oder vom Kreditnehmer zur Verfügung gestellt worden sind, sind zumindest nachrangig zur Sicherstellung der verbürgten Kredite heranzuziehen. Erlöse aus der Verwertung dieser Sicherheiten sind daher nach Abdeckung des gesicherten Kredits zur Abdeckung dieser Kredite zu verwenden.
(8) Die Leasinggesellschaft hat soweit möglich dafür Sorge zu tragen, dass die Verwertbarkeit des Leasinggutes für den Fall des Ausfalles nicht durch Rechte Dritter eingeschränkt ist. Das Land hat zu vereinbaren, dass eine Sicherungsübereignung des Leasing- Gutes nur mit seiner Zustimmung zulässig ist.
(9) Grundsätzlich haben beschränkt haftende und in dem Unternehmen tätige Gesellschafterinnen und Gesellschafter sowie die Personen, die kraft ihrer Stellung als Gesellschafterin oder Gesellschafter wesentlichen Einfluss auf das Unternehmen ausüben können selbstschuldnerische Bürgschaften für den verbürgten Kredit unter Ausschluss des Rückgriffsrechts gegen das Land Hessen zu übernehmen.
(10) Bei Bürgschaften im Zusammenhang mit Auslandsaufträgen soll eine Hermes-Bürgschaft eingeholt werden. Die Versicherungsfähigkeit der Aufträge muss gegeben sein.
(11) Die Antragsberechtigten haben in jede von der Kreditgeberin oder dem Kreditgeber, der mit der Verwaltung von Landesbürgschaften beauftragten Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen – rechtlich unselbstständige Anstalt in der Landesbank Hessen – Thüringen Girozentrale, Kaiserleistraße 29–35, 63067 Offenbach am Main, nachfolgend „WIBank“ genannt, oder den beteiligten Ministerien für erforderlich gehaltene Überwachung und Überprüfung, gegebenenfalls auch durch den Hessischen Rechnungshof, einzuwilligen.
(12) Werden von externen Beratern Prüfungs- oder Beratungsberichte erstellt, ist hiervon je ein Exemplar der Kreditgeberin oder dem Kreditgeber und der WIBank unverzüglich nach Fertigstellung zuzuleiten.
(13) Die Antragsberechtigten und persönlich haftende Gesellschafterinnen und Gesellschafter haben ihr schriftliches Einverständnis mit der jederzeitigen Einholung von Auskünften bei dem zuständigen Finanzamt, mit der Beiziehung ihrer Steuerakten durch die beteiligten Ministerien und die WIBank und die Zustimmung zur Befreiung vom Steuergeheimnis nach § 30 der Abgabenordnung (AO) gegenüber den vorgenannten Beteiligten am Bürgschaftsverfahren zu erklären.
4. Art und Umfang der Bürgschaften
(1) Die Bürgschaften des Landes Hessen werden als quotale Ausfallbürgschaften übernommen. Die Höhe der Bürgschaft wird im Einzelfall festgesetzt. Sie darf 80 Prozent der Kreditsumme nicht übersteigen (Ausnahme siehe Regelungen betr. Bürgschaften zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten in Teil C). Die Regelquote beträgt für Investitionskredite 70 Prozent und für Betriebsmittel-/Avalkredite 50 Prozent. Im Falle von Leasing-Verbürgungen darf die Ausfallbürgschaft 80 Prozent des Anteils der ausstehenden Leasing-Raten nicht übersteigen, der dem Anteil am Anschaffungspreis des Leasing-Gutes entspricht (negatives Interesse des Leasing-Gebers), zuzüglich der Kosten nach § 767 Absatz 2 BGB. Die Haftung des Bürgen ist einschließlich aller Nebenforderungen auf die ursprünglich übernommene Höhe der Bürgschaft begrenzt (Höchstbetragsbürgschaft).
(2) In begründeten Ausnahmefällen zum Beispiel zur Herstellung der Deckungsstockfähigkeit oder für Kredite aus bestimmten zentralen Programmen können sie mit der Maßgabe modifiziert werden, dass das Land Hessen nach Ablauf festzulegender Fristen Zahlung leistet.
(3) Neben der Hauptforderung decken die Bürgschaften bis zum Höchstbetrag nach Abs. 1 die darauf vertraglich entfallenden Zinsen und Avalprovisionen, die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und die notwendigen Auslagen bei der Verwertung des Sicherungsgutes im Rahmen der Ausfallabwicklung. Dagegen werden Tilgungsstreckungsdarlehen, Überziehungsprovisionen, Umsatzprovisionen, Zinseszinsen, Verzugszinsen, Strafzinsen, Zinserhöhungen nach Kreditkündigungen sowie sonstige Nebenkosten nicht mit verbürgt. Bei Leasing-Verbürgungen sind die in den Leasing-Raten enthaltenen Zinsen nicht in die Leistungspflicht einbezogen.
Eine besondere Vergütung der pflichtgemäßen Tätigkeit der Kreditgeberin oder des Kreditgebers oder dessen Beauftragter erfolgt nicht.
(4) Ab Eintritt des Verzuges der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers oder ab Kreditkündigung erstreckt sich die Haftung des Landes Hessen für Zinsen auf einen Zeitraum von längstens 18 Monaten, wobei der in die Bürgschaft einbezogene Zinssatz auf den jeweils geltenden Basiszinssatz zuzüglich 3 Prozent begrenzt ist. Verzinst werden die Valuta des Darlehens und die bis zum Eintritt des Ausfalls aufgelaufenen Zinsen bis zum Höchstbetrag nach Abs. 1.
(5) Die Laufzeit der Bürgschaften ist dem Verwendungszweck des jeweiligen Kredites und der voraussichtlichen Leistungsfähigkeit der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers anzupassen.
Die Laufzeit der Bürgschaften darf 15 Jahre nicht übersteigen. Ausnahmen können bei der Finanzierung von Bauvorhaben und Binnenschiffen sowie bei Programmkrediten der Förderbanken zugelassen werden.
Betriebsmittel sind vorrangig als Betriebsmitteldarlehen zu gewähren. Bestehende Linien sind aufrechtzuerhalten.
Die Verbürgung von Kontokorrentkrediten wird grundsätzlich auf fünf Jahre beschränkt, wobei die Bürgschaft unter Beibehaltung des gewährten Kreditrahmens in Stufen zurückgeführt wird. Bei Bedarf kann vor Rückführung der Bürgschaft eine rückführungsfreie Anlaufphase vorgeschaltet werden.
5. Bürgschaftsnehmerinnen oder Bürgschaftsnehmer
(1) Bürgschaften des Landes Hessen können nur gegenüber Kreditinstituten im Sinne des § 1 des Kreditwesengesetzes, Versicherungsgesellschaften oder Leasinggesellschaften und – soweit es das öffentliche Interesse erfordert – Kapitalbeteiligungsgesellschaften übernommen werden.
6. Antragsverfahren
(1) Anträge auf Übernahme von Bürgschaften sind auf den hierfür vorgesehenen Vordrucken mit den sich aus dem Verzeichnis der beizufügenden Unterlagen nach Merkblatt sowie der formgerechten Bereitschaftserklärung des Kreditgebers zur Kreditgewährung an die mit der Bearbeitung von Anträgen auf Übernahme von Landesbürgschaften beauftragte WIBank zu richten.
(2) Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhaber, persönlich haftende Gesellschafterinnen und Gesellschafter sowie selbstschuldnerische Bürginnen und Bürgen haben ihre privaten Vermögens- und Schuldenverhältnisse offen zu legen.
(3) Dem Antrag ist auf Verlangen eine Bescheinigung des zuständigen Finanzamtes beizufügen, die folgende Informationen enthält:
- ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Steuerrückstände bestehen,
- ob Steuerbeträge gestundet sind,
- ob Steuerbeträge von der Vollziehung ausgesetzt sind,
- ob festgesetzte und fällige Steuern pünktlich gezahlt werden,
- ob Steuererklärungspflichten pünktlich erfüllt werden,
- ob Steuerstrafen/Geldbußen festgesetzt wurden.
(4) Das Land Hessen behält sich vor, im Einzelfall eine kostenpflichtige Prüfung eines Dritten bezüglich entscheidungsrelevanter Fragestellungen (zum Beispiel Rechtsgutachten, betriebswirtschaftliche Plausibilitätsprüfung, Sanierungsgutachten usw.) zu verlangen.
7. Antragsbearbeitung
(1) Die Anträge auf Übernahme von Bürgschaften werden von der WIBank bearbeitet. Dazu wird eine Entscheidungsvorlage in Form eines Sachberichts inklusive einer Entscheidungsempfehlung der WIBank erstellt, die dem Bürgschaftsausschuss des Landes Hessen zur Beratung vorgelegt wird. Einzelheiten regelt die Geschäftsordnung des Bürgschaftsausschusses in der jeweiligen Fassung.
(2) Die WIBank kann eine Stellungnahme des zuständigen Fachministeriums, der berufsständischen Vertretung sowie der jeweils zuständigen Bundesagenturen für Arbeit beiziehen.
(3) Der Bürgschaftsausschuss empfiehlt dem Hessischen Ministerium der Finanzen (Finanzministerium) die Übernahme oder Ablehnung einer Bürgschaft.
(4) Das Finanzministerium unterrichtet die WIBank umgehend von der Entscheidung.
(5) Die WIBank gibt daraufhin die Entscheidung den Antragsberechtigten und der Kreditgeberin oder dem Kreditgeber bekannt. Bei positiver Entscheidung wird durch die WIBank namens und im Auftrag des Hessischen Ministeriums der Finanzen eine Bürgschaftszusage (Bewilligung) erteilt, die einen Widerrufsvorbehalt (siehe Nr. 7.8 dieser Richtlinie) enthält und mit Nebenbestimmungen versehen werden kann.
(6) Die Bewilligung wird unwirksam, wenn nicht innerhalb von drei Monaten nach deren schriftlicher Bekanntgabe ein Kreditvertrag abgeschlossen und der WIBank zugeleitet worden ist, es sei denn, die WIBank gewährt in Abstimmung mit dem Hessischen Ministerium der Finanzen Fristverlängerung. In dem Kreditvertrag müssen die sich aus der Bewilligung ergebenden Auflagen und Bedingungen in der Weise berücksichtigt sein, dass die Bürgschaftszusage nebst Anlage zum Bestandteil des Kreditvertrages erklärt wird. Außerdem ist im Kreditvertrag auf die dieser Bürgschaft zugrundeliegenden Richtlinien Bezug zu nehmen.
(7) Kreditnehmerin oder Kreditnehmer und Kreditgeberin oder Kreditgeber sind in jeder Phase des Bürgschaftsverfahrens verpflichtet, wesentliche Verschlechterungen der wirtschaftlichen Verhältnisse (zum Beispiel Liquiditätsschwierigkeiten, nicht eingeplante Verluste, drastischer Umsatzrückgang, Verlust bedeutender Aufträge etc.) der zukünftigen Bürgschaftsnehmerin oder des Bürgschaftsnehmers sowie fehlende Finanzierungsbausteine im Rahmen der Gesamtfinanzierung der WIBank unverzüglich anzuzeigen. Änderungen der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse (Wechsel der Anteilseigner, Rechtsformänderungen etc.) sind ebenfalls mitzuteilen.
(8) Sind nach Bewilligung der Bürgschaft, aber vor Aushändigung der Urkunde Umstände bekannt geworden, bei deren Kenntnis das Land die Bewilligung in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens nicht erteilt hätte, ist insbesondere die ordnungsgemäße Bedienung des verbürgten Kredits nicht zu erwarten, so behält sich das Land das Recht auf Widerruf beziehungsweise Rücknahme oder Änderung der Bürgschaftsbewilligung vor (Nr. 7.5 dieser Richtlinie). Die §§ 48, 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes bleiben im Übrigen unberührt.
(9) Der Bürgschaftsvertrag wird wirksam, wenn nach Übersendung des Kreditvertrages und dessen Prüfung durch das Land oder die von ihm beauftragte Stelle auf Übereinstimmung mit den Beschlüssen des Bürgschaftsausschusses der Kreditgeberin oder dem Kreditgeber eine entsprechende, vom Finanzministerium auszustellende Urkunde zugeleitet und die Annahme von der Kreditgeberin oder vom Kreditgeber schriftlich bestätigt worden ist.
Der Kreditvertrag, die sich aus der Bewilligung ergebenden Auflagen und diese Richtlinien sind Grundlage des Bürgschaftsvertrages.
(10) Sollten die zugesagten Mittel nicht mindestens teilweise innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Annahmeerklärung bei der WIBank in Anspruch genommen worden sein, wird das Land Hessen aus seiner Verpflichtung frei, es sei denn, die Kreditgeberin oder der Kreditgeber beantragt bei der WIBank begründete Fristverlängerung und diese stimmt ihr zu.
(11) Mit der Verwaltung der vom Land Hessen übernommenen Bürgschaften ist die WIBank beauftragt.
II. Kosten
1. Gebühren
(1) Für die Bearbeitung von Bürgschaftsanträgen und für übernommene Bürgschaften werden Bearbeitungs- und Verwaltungsgebühren nach § 18 des Gesetzes über die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen – rechtlich unselbständige Anstalt in der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale (Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen-Gesetz) vom 18. Dezember 2006 (GVBl. I S. 732), zuletzt geändert am 16. Juli 2009 (GVBl. I S. 257), in Verbindung mit der Verordnung über die Erhebung von Gebühren für die Gewährung von Bürgschaften in der jeweils gültigen Fassung erhoben. Die Gebühren werden von der WIBank vereinnahmt.
(2) Nach Maßgabe der jeweils geltenden allgemeinen Bürgschaftsmitteilung können zur Gewährung von Bürgschaften im Einzelfall Risikoprovisionen erhoben werden. Die Risikoprovisionen werden von der WIBank vereinnahmt und stehen dem Land Hessen zu.
2. Prüfungskosten
Die Kreditnehmerin oder der Kreditnehmer ist außerdem verpflichtet, die Kosten etwaiger Prüfungen durch Beauftragte des Landes Hessen zu tragen.
III. Subventionsgesetze
(1) Kreditnehmerin oder Kreditnehmer und Kreditgeberin oder Kreditgeber bestätigen im Kreditvertrag, dass ihnen bekannt ist, dass alle Tatsachen, von denen die Gewährung oder das Belassen der Bürgschaft abhängig ist, subventionserhebliche Tatsachen im Sinne des § 264 des Strafgesetzbuches (StGB) sind.
(2) Hierzu gehören insbesondere die im Antragsformular kenntlich gemachten Angaben über die persönlichen, wirtschaftlichen und betrieblichen Verhältnisse der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers, über den Verwendungszweck des zu verbürgenden Kredites sowie die EU-beihilferechtlichen Angaben. Die subventionserheblichen Tatsachen sind im Kreditvertrag genau zu bezeichnen.
(3) Vorsätzlich oder leichtfertig falsche Angaben über die angegebenen Tatsachen sowie das Unterlassen von Angaben, die der Gewährung oder der Belassung der Bürgschaft entgegenstehen, können nach § 264 StGB strafrechtlich verfolgt werden.
IV. Aufgaben der Kreditinstitute
1. Sorgfaltspflicht
(1) Die Kreditgeberin oder der Kreditgeber hat bei Vergabe, Verwaltung und Abwicklung des verbürgten Kredites und der hierfür bestellten Sicherheiten die bankübliche Sorgfalt anzuwenden.
(2) Für einen vom Land Hessen verbürgten Kredit sind gesonderte Konten zu führen.
(3) Das Land Hessen wird aus der Bürgschaft frei, wenn die Kreditgeberin oder der Kreditgeber gegen ihre oder seine Pflichten verstoßen hat (zum Beispiel Bestimmungen und Auflagen nicht eingehalten wurden) und nicht nachweisen kann, dass dadurch dem Land Hessen kein Schaden entstanden ist. Ebenso wird das Land Hessen aus der Bürgschaft frei, wenn vereinbarte Sicherheiten nicht bestellt werden, es sei denn, die WIBank hat in Abstimmung mit dem Hessischen Ministerium der Finanzen dem ausdrücklich zugestimmt.
(4) Das Land Hessen wird aus der Bürgschaft frei, wenn ohne dessen Zustimmung Vereinbarungen über die verbürgte Kreditforderung oder sonstige Maßnahmen getroffen werden, aufgrund derer Rechte an dieser Forderung ganz oder teilweise auf Dritte übertragen werden oder Dritten ganz oder teilweise die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Forderung übertragen wird.
Soweit keine Zustimmung erteilt wurde, hat die Kreditgeberin oder der Kreditgeber bei Inanspruchnahme des Landes schriftlich zu bestätigen, dass sich die verbürgte Kreditforderung in seinem uneingeschränkten rechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum befindet und nicht mit Rechten Dritter belastet ist und dass Dritte nicht die Übertragung der Forderung beanspruchen können.
2. Abschluss des Kreditvertrages
In der Formulierung des Kreditvertrages ist die Kreditgeberin oder der Kreditgeber grundsätzlich frei. Sämtliche im Angebot der WIBank enthaltenen Bestimmungen sind in den Kreditvertrag aufzunehmen (siehe I. Nr. 7 Abs. 6 letzter Satz). Die Kreditgeberin oder der Kreditgeber trägt die Verantwortung für die Ordnungsmäßigkeit, Richtigkeit und Vollständigkeit dieses Vertrages und der zu stellenden Sicherheiten. Im Kreditvertrag ist auf diese Richtlinien Bezug zu nehmen.
3. Kreditverwendung
Die Kreditgeberin oder der Kreditgeber ist verpflichtet, die zweckgebundene Verwendung der Kreditmittel und die Einhaltung der im Zusammenhang mit der Übernahme der Bürgschaft getroffenen Vereinbarungen sowie den quotalen Einsatz der verbürgten Kredite auf der Basis der zugrundeliegenden Investitions- und Finanzierungspläne zu überwachen.
4. Sicherheiten/Tilgungen
(1) Sicherheiten, die für die verbürgten Kredite bestellt werden, dienen bei Übernahme eines Teilrisikos durch das Kreditinstitut zur Besicherung des Gesamtrisikos. Eine Sonderbesicherung des von der Kreditgeberin oder dem Kreditgeber im eigenen Obligo gewährten Kreditteils ist unzulässig. Sicherheiten, die der Kreditgeberin oder dem Kreditgeber für andere Kredite von der Kreditnehmerin oder vom Kreditnehmer zur Verfügung gestellt worden sind, sind zumindest nachrangig zur Sicherstellung des vom Land Hessen verbürgten Kredits heranzuziehen. Ein Vorabbefriedigungsrecht des Kreditinstituts für dessen Haftungsanteil im Verwertungsfall ist unzulässig.
(2) Tilgungen sind quotal auf den verbürgten und nicht verbürgten Kreditteil anzurechnen, sofern für den Einzelfall nicht schriftlich Abweichendes vereinbart wird.
(3) Die für den verbürgten Kredit bestellten Sicherheiten haften nachrangig für die Forderungen der WIBank aus der laufenden Verwaltungsgebühr und der Risikoprovision und die Kosten von Prüfungen durch Beauftragte des Landes Hessen.
(4) Es ist sicherzustellen, dass durch ein etwaiges Auseinanderfallen von Grundstückseigentümer und Kreditnehmer oder Kreditnehmerin/Bauherr keine Besicherungsnachteile bei für den verbürgten Kredit belasteten Objekten entstehen.
(5) Während der Bürgschaftslaufzeit sind sämtliche Gebäude, Maschinen, Einrichtungen, sonstige Anlagen, Vorräte und dergleichen in ausreichendem Umfang gegen die üblichen Risiken versichert zu halten.
5. Änderung des Kreditvertrages
Änderungen des Kreditvertrages, Stundungen und Aussetzungen der im Kreditvertrag vereinbarten Zins- und Tilgungsraten bedürfen der vorherigen Zustimmung der WIBank. Änderungen oder Stundungen sind von der Kreditnehmerin oder vom Kreditnehmer unmittelbar bei der Kreditgeberin oder beim Kreditgeber zu beantragen, die beziehungsweise der sich dann mit der WIBank in Verbindung setzt.
6. Berichterstattung
(1) Die Kreditgeberin oder der Kreditgeber hat der WIBank über die Entwicklung der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers in regelmäßigen Zeitabständen Bericht zu erstatten beziehungsweise zu übersenden:
a) jeweils zu den Stichtagen 30. Juni und 31. Dezember eines jeden Jahres
- Kontostände der verbürgten sowie der nicht verbürgten Kredite,
- aktuelle Ratingeinstufung,
- erhebliche Wertänderungen bei den für die verbürgten Kredite hereingenommenen Sicherheiten,
- betriebswirtschaftliche Entwicklung, u.a. dokumentiert durch betriebswirtschaftliche Auswertungen zum Berichtsstichtag der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers
- Höhe des Auftragsbestands,
- Zahl der beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
- Nachweis der zweckgebundenen Verwendung der Kreditmittel, insbesondere bei Abruf in Tranchen nach Investitionsfortschritt.
b) jeweils in angemessener Frist nach Schluss des Geschäftsjahres den festgestellten Jahresabschluss (bei Vorliegen der Voraussetzungen oder auf Anforderung des Landes in testierter Form).
Werden von dem Unternehmen Zwischenabschlüsse erstellt, so sind auch diese nach Fertigstellung vorzulegen.
(2) Die WIBank ist berechtigt, eine regelmäßige Berichterstattung in kürzeren Zeitabständen, insbesondere auch die Vorlage von Zwischenabschlüssen oder betriebswirtschaftlichen Auswertungen zu fordern, falls die Entwicklung des Unternehmens hierzu Veranlassung gibt.
(3) Mit der Übersendung des Jahresabschlusses hat die Kreditgeberin oder der Kreditgeber einen zusammenfassenden Bericht über die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers zu erstatten. Darin sind insbesondere auch evtl. Änderungen des Ratings der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers und eine aktuelle Einschätzung des Bürgschaftsrisikos anzugeben.
Eine sofortige Berichterstattung ist über alle für das Kredit- beziehungsweise Bürgschaftsverhältnis sonst bedeutsamen Umstände (zum Beispiel die eine Kündigung nach Teil A VII Nr. 1 der Richtlinien rechtfertigen, Änderungen der Rechtsform des Unternehmens oder der Gesellschafterverhältnisse, Erwerb von Beteiligungen, Schuldübernahmen, anhaltende Liquiditätsanspannung, Übernahme von Bürgschaften, Garantien oder Eingehung sonstiger Verbindlichkeiten, soweit diese den für den Geschäftsbetrieb der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers angemessenen Rahmen übersteigen, Änderungen des Produktionsprogramms, wesentliche Verschlechterung der Marktstellung des Unternehmens, Katastrophenfälle usw.) erforderlich. In begründeten Fällen kann die WIBank eine abweichende Form der Berichterstattung zulassen.
V. Rechte des Landes Hessen und der von ihm beauftragten Stellen
(1) Unbeschadet der Verpflichtung der Kreditgeberin oder des Kreditgebers, in Wahrung der banküblichen Sorgfaltspflicht eigenverantwortlich alle zur Verwaltung der Bürgschaft gebotenen Maßnahmen zu treffen, können das Land oder die WIBank Weisungen erteilen oder selbst geeignete Maßnahmen ergreifen.
(2) Das Land Hessen ist berechtigt, auch bei dem kreditgebenden Institut in sinngemäßer Anwendung des § 39 Abs. 3 der Landeshaushaltsordnung jederzeit eine Prüfung vorzunehmen oder durch Beauftragte vornehmen zu lassen. Die Prüfungen haben sich auf die die Bürgschaft betreffenden Unterlagen zu beschränken. Im Übrigen ist die Kreditgeberin oder der Kreditgeber zu jeder diesbezüglichen Auskunftserteilung verpflichtet.
VI. Verpflichtungen der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers
(1) Die Kreditnehmerin oder der Kreditnehmer hat der Kreditgeberin oder dem Kreditgeber die zur Berichterstattung erforderlichen Unterlagen jeweils termingerecht und unaufgefordert zur Verfügung zu stellen und rechtzeitig über Ereignisse zu berichten, die wesentliche Auswirkungen auf das Vertragsverhältnis haben oder haben können.
(2) Die Kreditnehmerin oder der Kreditnehmer ist verpflichtet, bei Verschlechterung der Sicherheiten, insbesondere durch Wertminderung oder Verluste, nach dem Verlangen der Kreditgeberin oder des Kreditgebers oder des Landes Hessen zusätzliche Sicherheiten zu bestellen oder den Kredit entsprechend zurückzuführen.
(3) Für den Fall einer auch teilweisen Betriebsverlagerung nach außerhalb des Landes Hessen ist das antragstellende Unternehmen verpflichtet, dafür zu sorgen, dass das Land Hessen unverzüglich aus der zu seinen Gunsten übernommenen Bürgschaft freigestellt wird.
VII. Kreditkündigung
(1) Die Kreditgeberin oder der Kreditgeber hat die Anlässe einer Kündigung im Kreditvertrag festzulegen, insbesondere die, die sie oder ihn zu einer sofortigen Kündigung berechtigen. Als solche sind insbesondere anzusehen:
- wenn die Kreditnehmerin oder der Kreditnehmer mit der Zahlung der vereinbarten Zins- und Tilgungsleistungen auf die verbürgten Kredite länger als zwei Monate in Verzug gerät,
- wenn das Kreditinstitut feststellt, dass sonstige wesentliche Kreditbestimmungen von der Kreditnehmerin oder vom Kreditnehmer verletzt worden sind,
- wenn sich nachträglich die Angaben der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers in wesentlichen Punkten als unrichtig oder unvollständig erweisen,
- wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers beantragt oder ein außergerichtliches Moratorium angestrebt wird,
- wenn die Kreditnehmerin oder der Kreditnehmer die Erwerbstätigkeit, deren Festigung der gewährte Kredit zu dienen bestimmt ist, aufgibt oder ihren beziehungsweise seinen Betrieb an Dritte verpachtet, veräußert, liquidiert oder den Betrieb nach außerhalb des Landes Hessen verlegt,
- wenn sonstige Umstände eintreten, die nach Ansicht des Kreditinstitutes die Rückzahlung des Kredites gefährden,
- wenn die Kreditnehmerin oder der Kreditnehmer ihrer beziehungsweise seiner Berichterstattungspflicht auch nach schriftlicher Aufforderung nicht unverzüglich nachkommt.
(2) Die Kreditgeberin oder der Kreditgeber darf von dem Recht der Kündigung nur mit Zustimmung der WIBank Gebrauch machen.
Andererseits ist die Kreditgeberin oder der Kreditgeber verpflichtet, ihr oder sein vertragliches Kündigungsrecht auf Verlangen des Hessischen Ministeriums der Finanzen auszuüben. Hierbei sind berechtigte Belange der Kreditgeberin oder des Kreditgebers zu berücksichtigen.
Zahlungen der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers nach Kündigung des Kreditverhältnisses durch die Kreditgeberin oder durch den Kreditgeber sind quotal auf alle dort bestehenden Restkredite aufzuteilen beziehungsweise zu verrechnen, soweit sie nicht aus der Verwertung vorrangig haftender Sicherheiten resultieren.
VIII. Verfahren in Schadensfällen
1. Feststellung des Ausfalles
(1) Der Ausfall gilt dem Grunde nach als festgestellt, wenn und soweit die Zahlungsunfähigkeit der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers durch Zahlungseinstellung, Eröffnung des Insolvenzverfahrens, durch fruchtlose Pfändung oder in sonstiger einwandfreier Weise feststeht und nennenswerte Eingänge aus bestehenden Sicherheiten in absehbarer Zeit nicht mehr zu erwarten sind, sowie im Falle der Zustimmung des Landes Hessen zu einem außergerichtlichen Vergleich.
(2) Hinsichtlich der bereits fälligen oder fällig werdenden laufenden Zins- oder Tilgungsraten kann die Kreditgeberin oder der Kreditgeber Zahlung aus der Bürgschaft verlangen, wenn das Land Hessen die Zustimmung zur Kreditkündigung versagt oder wenn das Land wünscht, dass Zwangsmaßnahmen gegen die Schuldnerin oder den Schuldner vorerst nicht ergriffen werden.
(3) In Ausnahmefällen kann sich das Land Hessen nach bereits übernommenen Bürgschaften an Unternehmenssanierungen im Rahmen eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs durch Ausfallerstattung beteiligen, wenn damit eine grundlegende Neuordnung des Unternehmens verbunden ist. Das der Sanierung zugrundeliegende Konzept muss eine finanzielle Konsolidierung gewährleisten und einen nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg erwarten lassen. Eine Neugewährung von Bürgschaften im Rahmen des Sanierungskonzeptes ist ausgeschlossen.
2. Zahlung des Ausfalls
(1) Das Land Hessen behält sich vor, nach Lage des Einzelfalles schon vor Abschluss des Verwertungsverfahrens zur Vermeidung des Anwachsens von Zinsen und Kosten angemessene Abschlagszahlungen aus seiner Bürgschaftsverpflichtung zu leisten.
(2) Die Kreditgeberin oder der Kreditgeber hat, gegebenenfalls nach Weisung durch die WIBank, im Zuge der Abwicklung des Kredites die hereingekommenen Sicherheiten bestmöglich zu verwerten.
Hierbei sind die Belange der Schuldnerin oder des beziehungsweise der Schuldner nach Möglichkeit zu wahren.
(3) Hat die Kreditgeberin oder der Kreditgeber die Höhe des Ausfalls nach Sicherheitenverwertung nachgewiesen, so kann sie beziehungsweise er vom Land Hessen Zahlung aus der Bürgschaft verlangen. Die Kreditgeberin oder der Kreditgeber legt zu diesem Zweck der WIBank einen abgeschlossenen vollständigen Kontoauszug nebst einer Aufstellung über die zur Besicherung des Kredits hereingekommenen Sicherheiten mit den seinerzeit angenommenen Werten und über die erzielten Erlöse vor.
Zugleich ist ein zusammenfassender Schadensbericht zu erstatten, der insbesondere Aufschluss über die Gründe des Vermögensverfalls der Schuldnerin oder des Schuldners und darüber geben muss, dass und inwieweit die Kreditgeberin oder der Kreditgeber bei der Einräumung, der Verwaltung und Abwicklung des Kredites die bankübliche Sorgfaltspflicht gewahrt hat.
(4) Über die Heranziehung der Schuldnerin oder des Schuldners zur Aufnahme einer notariellen vollstreckbaren Urkunde oder der Abgabe eines einfachen Schuldanerkenntnisses für den Ausfallbetrag wird im Einzelfall entschieden.
(5) Die infolge der Inanspruchnahme auf das Land Hessen übergehenden Rechte einschließlich der gerichtlichen Rechtsverfolgung sind von der Kreditgeberin oder vom Kreditgeber für Rechnung des Landes Hessen treuhänderisch ohne besondere Vergütung zu verwalten und zu verwerten.
(6) Gehen Beträge, insbesondere aus der Verwertung von Sicherheiten von Kreditforderungen ein, für die das Land Hessen bereits von der Kreditgeberin oder dem Kreditgeber in Anspruch genommen worden ist, so hat diese beziehungsweise dieser die Eingänge unverzüglich an die WIBank unter gleichzeitiger Meldung als Rückzahlung auf die vom Land Hessen geleistete Ausfallzahlung abzuführen.
Die Aufrechnungsmöglichkeiten des Landes mit Steuererstattungsansprüchen, auch zugunsten des Bundes, bleiben von dieser Regelung unberührt.
Teil B
Beihilfenrechtliche Behandlung von Bürgschaften für mittelstands- und strukturpolitische Zielsetzungen (ohne Bürgschaften an Unternehmen in Schwierigkeiten)
I. Zielsetzung
Das Ministerium der Finanzen gewährt zu Lasten des Landes nach Maßgabe des Teils A Bürgschaften an Unternehmen, die nicht der Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten dienen (vergleiche dazu Teil C). Die Bürgschaften nach Teil B decken ein breites Spektrum wirtschafts- und strukturpolitischer Handlungsfelder und Zielsetzungen des Landes ab
(zum Beispiel Absicherung von Krediten im Zusammenhang mit der Unternehmensgründung und -nachfolge, der Bereitstellung von Risikokapital, der Erschließung von Auslandsmärkten, des Überschreitens von Wachstumsschwellen, der Durchführung von Innovationen, der Anpassung an Umweltschutzvorschriften etc.).
II. Subventionswert/De-Minimis-Beihilfe/Notifizierung
(1) Eine Bürgschaft, die nach Maßgabe des Teils A vergeben wird, hat bei einem Eigenobligo des das Darlehen gewährenden Kreditinstituts von mindestens 20 Prozent, einer Laufzeit von fünf Jahren und einem verbürgten Betrag von 1.500.000 Euro grundsätzlich einen Subventionswert in Höhe von 200.000 Euro. Für Straßengüterverkehrsunternehmen halbieren sich die Werte für den verbürgten Betrag und den Subventionswert.
Eine Bürgschaft, die nach Maßgabe des Teils A vergeben wird, hat bei einem Eigenobligo des das Darlehen gewährenden Kreditinstituts von mindestens 20 Prozent, einer Laufzeit von zehn Jahren und einem verbürgten Betrag von 750.000 Euro grundsätzlich einen Subventionswert in Höhe von 200.000 Euro. Für Straßengüterverkehrsunternehmen halbieren sich die Werte für den verbürgten Betrag und den Subventionswert.
Bei Bürgschaften mit einem geringeren Betrag und/oder einer kürzeren Laufzeit als fünf oder zehn Jahre wird der Subventionswert der Bürgschaft grundsätzlich als entsprechender Anteil des einschlägigen Höchstbetrages berechnet.
(2) Für Bürgschaften, für welche die Europäische Kommission eine sogenannte SAFE-Harbour-Prämie festgelegt hat, kann der Subventionswert auch auf der Grundlage dieser Prämien berechnet werden (vergleiche Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrages auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften, ABl. C 155 vom 20. Juni 2008, S. 10).
(3) Für Investitionskreditbürgschaften an Unternehmen, für die ein Unternehmensrating nach den Kategorien des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes oder vergleichbarer Kategorien vorliegt, kann die Beihilfeintensität entsprechend der von der Europäischen Kommission mit Schreiben vom 20. Dezember 2013 (Änderung N 197/2007) genehmigten Methode zur Berechnung der Beihilfenintensität von Bürgschaften berechnet werden.
(4) Für Betriebsmittelkreditbürgschaften an Unternehmen, für die ein Unternehmensrating nach den Kategorien des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes oder vergleichbarer Kategorien vorliegt, kann die Beihilfeintensität entsprechend der von der Europäischen Kommission mit Schreiben vom 20. Dezember 2013 (Änderung N 541/2007) genehmigten Methode zur Berechnung der Beihilfenintensität von Bürgschaften berechnet werden.
(5) Für Kreditbürgschaften an Projektgesellschaften sowie an junge Unternehmen (Spezialfinanzierungen) kann die Beihilfeintensität entsprechend der von der Europäischen Kommission mit Schreiben vom 20. Dezember 2013 (Änderung N 762/2007) ergänzend genehmigten Methode zur Berechnung der Beihilfenintensität von Bürgschaften berechnet werden.
(6) Die Berechnung der Beihilfewerte nach den unter (3) bis (5) genehmigten Methoden erfolgt anhand der 1-Jahres-Ausfallwahrscheinlichkeiten und der Kredit- und Bürgschaftsmodalitäten. Ein entsprechendes „Berechnungsmodul“ steht im Internet unter www.pwc.de/de/branchen-und-markte/oeffentlicher-sektor/beihilfewertrechner.html.
(7) Liegt der Subventionswert einer Bürgschaft nach Maßgabe der Nrn. 1 bis 5 nicht höher als 200.000 Euro beziehungsweise für Unternehmen des Straßentransportsektors nicht höher als 100.000 Euro, so kann diese Bürgschaft im Rahmen der De-Minimis- Bestimmungen des europäischen Beihilfenrechts vergeben werden (vergleiche Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf „De-Minimis“-Beihilfen (ABl. L 352/1 vom 24. Dezember 2013), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 2020/972 der Kommission vom 2. Juli 2020 (ABl. L 215/3 vom 7. Juli 2020).
Das von der Bürgschaft begünstigte Unternehmen ist von der Bürgschaftsgewährung als De-Minimis-Beihilfe zu informieren und auf seine Verpflichtung zur Einhaltung der Obergrenze hinzuweisen.
(8) Falls dieser De-Minimis-Spielraum durch anderweitige Beihilfen bereits ausgeschöpft ist beziehungsweise mit dem Subventionswert der Bürgschaft überschritten würde, ist die Gewährung einer Bürgschaft nur möglich,
- unter Anrechnung ihres Subventionswertes auf die Förderhöchstsätze eines einzelbetrieblichen Fördersystems (zum Beispiel Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Regionalen Wirtschaftsstruktur“ oder vergleichbarer Strukturförderungsprogramme des Landes oder der Wirtschafts- und Infrastrukturbank) oder
- nach der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (siehe Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 187 vom 26. Juni 2014 S. 1), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 2021/1237 der Kommission vom 23. Juli 2021 (ABl. L 270 vom 29. Juli 2021)).
Die Gewährung einer Bürgschaft auf Grundlage der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) erfolgt in der Regel nach Art. 17 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Art. 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 187 vom 26. Juni 2014 S. 1), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 2021/1237 der Kommission vom 23. Juli 2021 (ABl. L 270 vom 29. Juli 2021), und ist im Rahmen dieser Bürgschaftsrichtlinien des Landes Hessen freigestellt. Die Gewährung einer Bürgschaft auf Grundlage eines anderen Artikels der AGVO setzt eine Einzelfreistellung voraus.
Der maximal zulässige Fördersatz ergibt sich aus den jeweils betreffenden, in der AGVO festgelegten Höchstsätzen. Der für Art. 17 AGVO festgelegte Höchstsatz beträgt 20 Prozent der beihilfefähigen Kosten bei kleinen Unternehmen und 10 Prozent der beihilfefähigen Kosten bei mittleren Unternehmen. Die beihilfefähigen Kosten sind Art. 17 Abs. 2 und 3 AGVO zu entnehmen; oder
- im Wege der Einzelfallnotifizierung nach Art. 108 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, wenn die Bürgschaft einen positiven Beitrag zu sonstigen horizontalen Zielen der Gemeinschaft wie Umweltschutz, Forschung und Entwicklung etc. leistet.
Für eine nach der AGVO freizustellende Bürgschaft gelten die folgenden allgemeinen Voraussetzungen:
- Einem Unternehmen, das einer Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren Beschlusses der Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt nicht nachgekommen ist, dürfen keine Einzelbeihilfen gewährt werden,
- Eine Zuwendung in den Fallgruppen nach Art. 1 Abs. 2 bis 5 AGVO ist ausgeschlossen.
- Die Anmeldeschwellen nach Art. 4 der AGVO werden beachtet.
- Der Beihilfeempfänger muss den schriftlichen Beihilfeantrag mit allen erforderlichen Inhalten nach Art. 6 AGVO vor Beginn der Arbeiten für das Vorhaben oder die Tätigkeit gestellt haben.
- Die Zuwendung darf mit anderen staatlichen Beihilfen – einschließlich De-minimis-Beihilfen – nicht kumuliert werden, es sei denn, die andere Beihilfe bezieht sich auf unterschiedliche bestimmbare beihilfefähige Kosten oder es wird die höchste nach der AGVO für diese Beihilfen geltende Beihilfeintensität beziehungsweise der höchste nach der AGVO für diese Beihilfe geltende Beihilfebetrag nicht überschritten.
- Jede Einzelbeihilfe über 500.000 Euro wird nach Art. 9 AGVO für nach dem 1. Juli 2016 gewährte Einzelbeihilfen auf einer ausführlichen Beihilfe-Webseite veröffentlicht.
- Erhaltene Förderungen können im Einzelfall nach Art. 12 AGVO von der Europäischen Kommission geprüft werden.
(9) Für Bürgschaften an Unternehmen, welche mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) betraut sind, gelten folgende beihilferechtlichen Besonderheiten:
- unter gewissen Voraussetzungen – Einhaltung aller vier sog. Altmark-Kriterien (ABl. L 7 vom 11. Januar 2012, S. 3) – ist die Bürgschaft beihilfefrei;
- das Bürgschaftsobligo kann bis zu 100 Prozent des Kredits betragen, wenn das Land Hessen auch die Betrauung mit DAWI vorgenommen hat;
- die De-Minimis-Höchstgrenze beträgt für Unternehmen, die DAWI erbringen, 500.000 Euro (siehe Verordnung (EU) Nr. 360/2021 der Kommission vom 25. April 2012 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen (ABl. L 114 vom 26. April 2012), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 2020/1474 der Kommission vom 13. Oktober 2020 (ABl. L 337 vom 14. Oktober 2020);
- unter gewissen Voraussetzungen – Einhaltung der ersten drei sogenannten Altmark-Kriterien sowie Unterschreiten von absoluten Schwellenwerten – enthält die Bürgschaft zwar ein Beihilfeelement, ist aber von der Notifizierungspflicht auch ohne Anzeige bei der Europäischen Kommission freigestellt (vergleiche Beschluss der Kommission vom 20. Dezember 2011 über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind).
Teil C
Bürgschaften zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten auf der Grundlage der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. C 249/01 vom 31. Juli 2014), nachfolgend RuU-LL genannt, und auf der Grundlage der Bundesrahmenregelung für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung kleiner und mittlerer Unternehmen in Schwierigkeiten (BRRuUKMU)
I. Begriffsdefinition von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)
Nach der Definition der EU-Kommission vom 9. August 2008 (ABl. L 214/3 vom 9. August 2008) gelten zurzeit folgende Grenzen für kleine Unternehmen:
- weniger als 50 beschäftigte Personen und
- Jahresumsatz von höchstens 10 Millionen Euro oder Jahresbilanzsumme von höchstens 10 Millionen Euro und
- Unabhängigkeit im Sinne der von der EU-Kommission verwendeten Berechnungsmethode für die Ermittlung der Schwellenwerte für eigenständige Unternehmen, Partnerunternehmen beziehungsweise verbundene Unternehmen.
Nach der Definition der EU-Kommission vom 9. August 2008 (ABl. L 214/3 vom 9. August 2008) gelten zurzeit folgende Grenzen für mittlere Unternehmen:
- mindestens 50 und weniger als 250 beschäftigte Personen und
- Jahresumsatz von mehr als 10 Millionen Euro und höchstens 50 Millionen Euro oder Jahresbilanzsumme von mehr als 10 Millionen Euro und höchstens 43 Millionen Euro und
- Unabhängigkeit im Sinne der von der EU-Kommission verwendeten Berechnungsmethode für die Ermittlung der Schwellenwerte für eigenständige Unternehmen, Partnerunternehmen beziehungsweise verbundene Unternehmen.
Alle übrigen Unternehmen gelten als große Unternehmen.
II. Begriffsdefinition von Unternehmen in Schwierigkeiten
(1) Ein Unternehmen gilt dann als ein Unternehmen in Schwierigkeiten, wenn es auf kurze oder mittlere Sicht so gut wie sicher zur Einstellung seiner Geschäftstätigkeiten gezwungen sein wird, wenn der Staat nicht eingreift. Dies ist dann der Fall, wenn mindestens eine der folgenden Voraussetzungen (Abschnitt 2.2 Randnr. 20 der RuU-LL) erfüllt ist:
a) Im Falle von Gesellschaften mit beschränkter Haftung1): Mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals ist infolge auf gelaufener Verluste verlorengegangen. Dies ist der Fall, wenn sich nach Abzug der aufgelaufenen Verluste von den Rücklagen (und allen sonstigen Elementen, die im Allgemeinen den Eigenmitteln des Unternehmens zugerechnet werden) ein negativer kumulativer Betrag ergibt, der mehr als der Hälfte des gezeichneten Stammkapitals entspricht.
b) Im Falle von Gesellschaften, bei denen zumindest einige Gesellschafter unbeschränkt für die Schulden der Gesellschaft haften2): Mehr als die Hälfte der in den Geschäftsbüchern ausgewiesenen Eigenmittel ist infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen.
c) Das Unternehmen ist Gegenstand eines Insolvenzverfahrens oder erfüllt die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf Antrag seiner Gläubiger.
d) Bei einem Unternehmen, das kein KMU ist, lag in den vergangenen beiden Jahren
i. der buchwertbasierte Verschuldungsgrad über 7,5 und
ii. das Verhältnis des EBITDA zu den Zinsaufwendungen unter 1,0.
(2) Einem neu gegründeten Unternehmen kann keine Rettungsoder Umstrukturierungsbeihilfe gewährt werden und zwar auch dann nicht, wenn seine anfängliche Finanzsituation prekär ist.
Dies gilt insbesondere auch für neue Unternehmen, die aus der Abwicklung oder der Übernahme der Vermögenswerte eines anderen Unternehmens hervorgegangen sind. Ein Unternehmen gilt grundsätzlich in den ersten drei Jahren nach Aufnahme seiner Geschäftstätigkeit als neu gegründet. Erst danach kommt es unter folgenden Voraussetzungen für eine Beihilfe auf der Grundlage der Abschnitt 2.2 Randnr. 21 und 22 der RuU-LL in Frage:
a) Es handelt sich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne dieser Leitlinien und
b) es gehört nicht zu einer größeren Unternehmensgruppe3), ausgenommen unter den nachfolgend dargelegten Voraussetzungen: Ein Unternehmen, das einer größeren Unternehmensgruppe angehört oder im Begriff ist, von einer größeren Unternehmensgruppe übernommen zu werden, kommt für Beihilfen auf der Grundlage dieser Leitlinien grundsätzlich nur dann in Frage, wenn es sich bei den Schwierigkeiten des betreffenden Unternehmens nachweislich um Schwierigkeiten des Unternehmens selbst handelt, die nicht auf eine willkürliche Kostenverteilung innerhalb der Gruppe zurückzuführen sind und die so gravierend sind, dass sie von der Gruppe selbst nicht bewältigt werden können. Gründet ein Unternehmen in Schwierigkeiten eine Tochtergesellschaft, so wird diese zusammen mit dem Unternehmen in Schwierigkeiten, unter dessen Kontrolle die Tochtergesellschaft steht, als eine Gruppe betrachtet und kann nur unter den in dieser Randnr. festgelegten Voraussetzungen Beihilfen erhalten.
III. De-Minimis-Bürgschaften für Unternehmen in Schwierigkeiten
Einem Unternehmen in Schwierigkeiten nach Nr. C II. kann eine De-Minimis-Bürgschaft gewährt werden, wenn sich das Unternehmen weder in einem Insolvenzverfahren befindet noch die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf Antrag seiner Gläubiger erfüllt sind. Ein großes Unternehmen muss darüber hinaus mindestens ein Rating von B- aufweisen (Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis- Beihilfen). Die Berechnung des Subventionswertes erfolgt analog zu dem in Nr. B II Abs. 1 skizzierten Vorgehen.
Eine De-minimis-Förderung nach der Verordnung (EU) Nr. 360/2021 der Kommission vom 25. April 2012 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen (ABl. L 114 vom 26. April 2012) ist für Unternehmen in Schwierigkeiten dagegen nicht möglich.
IV. Voraussetzungen für Rettungsbürgschaften
(1) Die Gewährung einer Rettungsbürgschaft setzt voraus, dass der Ausfall des begünstigten Unternehmens wahrscheinlich soziale Här ten oder Marktversagen bewirken würde (vgl. § 5 BRRuUKMU). Eine Rettungsbürgschaft soll die Weiterführung eines Unternehmens in Schwierigkeiten so lange, grundsätzlich jedoch in der Regel höchstens sechs Monate, ermöglichen, wie dies zur Aufstellung eines Umstrukturierungsplanes notwendig ist beziehungsweise die Zeit, die die EU-Kommission im Rahmen einer Einzelfallnotifizierung benötigt, um über diesen Plan zu entscheiden, überbrücken. Das Ministerium der Finanzen gewährt reine Rettungsbürgschaften nur in besonderen Ausnahmefällen, wenn eine positive Fortführungsprognose für das Unternehmen bereits absehbar ist und ein begrenztes Ausfallrisiko besteht (zum Beispiel im Zusammenhang mit Verwalterdarlehen).
(2) Die Höhe des verbürgten Kredites muss auf den Betrag begrenzt sein, der für die Weiterführung des Unternehmens bis zum Beginn der Umstrukturierung erforderlich ist (zum Beispiel zur Deckung der Lohnkosten oder der laufenden Beschaffung). In diesem Betrag können auch Kredite für Maßnahmen struktureller Art, die umgehend durchgeführt werden müssen, um Verluste aufzufangen, enthalten sein. Zur Bestimmung dieses Betrages wird in der Regel die Formel in Anhang I der RuU-LL herangezogen. Ein höherer Kreditbetrag kann nur verbürgt werden, wenn er durch Vorlage eines Liquiditätsplanes eingehend begründet werden kann.
(3) Die Restlaufzeit der verbürgten Kredite darf nach der Auszahlung des ersten Teilbetrages der Kreditsumme maximal sechs Monate betragen. Im Falle einer späteren Umstrukturierungsbürgschaft, die der Genehmigung durch die Europäische Kommission bedarf, verlängert sich diese Frist, bis die Kommission über diese Bürgschaft entschieden hat.
Das Eigenobligo der Bank beträgt mindestens 10 Prozent.
(4) Es gilt der Grundsatz der einmaligen Rettungsbürgschaft, wobei als Bezugsperiode ein Zehn-Jahres-Zeitraum verwendet wird. Änderungen der Eigentumsverhältnisse eines Unternehmens durchbrechen diesen Grundsatz nicht, soweit es um die Weiterführung ein und desselben Unternehmens geht.
(5)
a) Die gesamten Finanzierungskosten des verbürgten Darlehens einschließlich der Darlehenszinsen und der Garantieprämie dürfen nicht unter dem Referenzsatz für schwache Unternehmen mit normaler Besicherung liegen (vergleiche sogenannte Referenzzinsmitteilung der Kommission, ABl. C 14 vom 19. Januar 2008, S. 6). Bei der Verlängerung einer Rettungsbürgschaft nach Nr. 55d) RuU-LL erhöht sich diese Mindestvergütung um 50 Basispunkte.
b) Rettungsbeihilfen dürfen nicht für die Finanzierung struktureller Maßnahmen, wie beispielsweise den Erwerb wesentlicher Geschäftsbereiche oder Vermögenswerte verwendet werden, es sei denn, sie sind im Hinblick auf das Überleben des begünstigten Unternehmens während der Laufzeit der Rettungsbeihilfe erforderlich.
(6) Die Gewährung einer Rettungsbürgschaft präjudiziert nicht die spätere Gewährung einer Umstrukturierungsbürgschaft, die als solche beurteilt werden muss.
(7) Rettungsbürgschaften an große Unternehmen bedürfen der Genehmigung durch die Europäische Kommission, die im Wege der Einzelfallnotifizierung beantragt wird. Rettungsbürgschaften an KMU bedürfen nur dann der Genehmigung durch die Europäische Kommission, wenn eine oder mehrere der obigen Bestimmungen nicht eingehalten werden. Die Gewährung einer De- Minimis-Bürgschaft nach Nr. C III ist davon unberührt.
V. Voraussetzungen für sog. vorübergehende Umstrukturierungsbürgschaften nach Nr. 6.6 RuU-LL
(1) Vorübergehende Umstrukturierungsbürgschaften sind Bürgschaften an Unternehmen in Schwierigkeiten mit einer Höchstdauer von 18 Monaten abzgl. einer etwaigen vorangehenden Zeit der Inanspruchnahme einer Rettungsbürgschaft, für die weniger restriktive Voraussetzungen als für sonstige Umstrukturierungsbürgschaften (siehe dazu Abschnitt VI) gelten.
(2) Antragsberechtigt sind kleine und mittlere Unternehmen sowie kleine staatliche Unternehmen nach Nr. 13 FN 11 RuU-LL beziehungsweise § 2 BRRuUKMU.
(3) Die Vergütung für die vorübergehende Umstrukturierungsbürgschaft sollte nicht unter dem Referenzzinssatz liegen, der in der Mitteilung der Europäischen Kommission über die Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze für schwache Unternehmen festgesetzt ist, die eine normale Besicherung bieten. Um Anreize für einen Ausstieg zu bieten, sollte die Vergütung zwölf Monate nach der ersten Auszahlung um mindestens 50 Basispunkte angehoben werden.
(4) Die vorübergehende Umstrukturierungsbürgschaft muss auf den Betrag begrenzt sein, der erforderlich ist, um das Unternehmen 18 Monate lang weiterzuführen (vergleiche Formel in Anhang I der RuU-LL). Ein höherer Betrag darf nur verbürgt werden, wenn er durch Vorlage eines Liquiditätsplanes, in dem der Liquiditätsbedarf des Unternehmens für die kommenden 18 Monate dargelegt ist, eingehend begründet wird.
Die weiteren Voraussetzungen ergeben sich aus Nr. 6.6 der RuULL beziehungsweise aus § 12 der BRRuUKMU. Insbesondere gelten die Voraussetzungen des Abschnitts VI, soweit Abschnitt V nichts anderes vorsieht.
VI. Voraussetzungen für sonstige Umstrukturierungsbürgschaften
Zu beachten und einzuhalten sind grundsätzlich die Vorgaben der Europäischen Kommission in Bezug auf
(1) Transparenz (vergleiche RuU-LL Abschnitt 3.7) beziehungsweise § 13 BRRuUKMU
(2) Höchstbetrag der Beihilfe (vergleiche RuU-LL Abschnitt 3.5 für Großunternehmen beziehungsweise Abschnitt 6.1 Rn. 105 für KMU) beziehungsweise § 4 Abs. 1 BRRuUKMU
(3) Ziel des gemeinsamen Interesses (vergleiche RuU-LL Abschnitt 3.1 für Großunternehmen beziehungsweise 6.2 für KMU beziehungsweise § 5 BRRuUKMU)
(4) Geeignet der Beihilfe (vergleiche RuU-LL Abschnitt 3.3 für Großunternehmen beziehungsweise 6.3 für KMU beziehungsweise § 7 BRRuUKMU)
(5) Angemessenheit der Beihilfe (vergleiche RuU-LL Abschnitt 3.5 für Großunternehmen beziehungsweise Abschnitt 6.4 für KMU beziehungsweise § 9a und § 9b BRRuUKMU)
(6) Grundsatz der einmaligen Beihilfe (vergleiche RuU-LL Abschnitt 3.6.1 für Großunternehmen beziehungsweise Abschnitt 6.5 für KMU beziehungsweise § 10 Abs. 3 BRRuUKMU)
(7) Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsverfälschungen (vergleiche RuU-LL Abschnitt 3.6.2 für Großunternehmen beziehungsweise Abschnitt 6.5 Randnr. 113 für KMU beziehungsweise § 11 BRRuUKMU.
Grundsätzlich bedürften Umstrukturierungsbürgschaften der Genehmigung durch die Europäische Kommission, die im Wege einer Einzelfallnotifizierung beantragt wird.
Ausgenommen hiervon ist die Gewährung einer De-Minimis-Bürgschaft nach Nr. C III.
Für Umstrukturierungsbürgschaften an KMU sowie an kleine staatliche Unternehmen entfällt die Notifizierungspflicht, wenn
- der Höchstbetrag aller staatlichen Beihilfen, auch aus anderen Quellen und Programmen maximal 10 Millionen Euro nicht überschreitet;
- soziale Härten beziehungsweise Marktversagen im Sinne der Randnr. 107 RuU-LL vorliegt;
- der Umstrukturierungsplan die Voraussetzungen der Randnr. 45 bis 52 der RuU-LL erfüllt, wobei das Erfordernis der Vorlage einer Marktstudie entfällt,
- der Eigenbeitrag bei mittleren Unternehmen mindestens 40 Prozent der Umstrukturierungskosten und bei kleinen Unternehmen mindestens 25 Prozent der Umstrukturierungskosten deckt,
- das Prinzip der Einmaligkeit der Beihilfe nach Randnr. 112 der RuU-LL eingehalten wird.
Teil D
Schlussbestimmungen
1. Gültigkeit der Teile B und C dieser Richtlinien
Die Gültigkeit der Teile B und C bestimmen sich nach der Laufzeit des Teils A dieser Richtlinie unter Beachtung der nachfolgenden Ausnahmen:
Die Möglichkeit einer Förderung im Sinne der AGVO ist bis zum Zeitpunkt des Auslaufens der AGVO zuzüglich einer Anpassungsperiode von sechs Monaten, mithin nach Verordnung (EU) 2020/972 bis zum 30. Juni 2024 befristet.
Die Möglichkeit einer Förderung im Sinne der De-minimis-Verordnung ist bis zum Zeitpunkt des Auslaufens der De-minimis-Verordnung zuzüglich einer Anpassungsperiode von sechs Monaten, mithin bis zum 30. Juni 2024 befristet.
Die Möglichkeit einer Förderung im Sinne der Bundesrahmenregelung für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung kleiner und mittlerer Unternehmen in Schwierigkeiten ist bis zum Zeitpunkt des Auslaufens der Regelung, mithin bis zum 31. Dezember 2025 befristet.
2. Bürgschaftsrichtlinien
Diese Bürgschaftsrichtlinien des Landes Hessen werden mit Unterzeichnung des Kreditvertrages bindender Bestandteil des Kreditverhältnisses einerseits und des Bürgschafts- und Treuhandverhältnisses zwischen der Kreditgeberin oder dem Kreditgeber/ Treuhänderbank und dem Land Hessen andererseits.
3. Verschwiegenheitspflicht
Alle Verhandlungen, Beratungen, Unterlagen und Auskünfte sind vertraulich zu behandeln und dürfen Dritten nicht offenbart werden.
Alle an Entscheidungen über Bürgschaften Beteiligten sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
4. Erfüllungsort und Gerichtsstand
Erfüllungsort für alle sich aus dem Bürgschaftsverhältnis ergebenden Ansprüche und Gerichtsstand für eventuelle Rechtsstreitigkeiten ist Wiesbaden.
1) Gemeint sind insbesondere die Gesellschaftsrechtsformen, die aufgeführt sind in Anhang I der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/ EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29. Juni 2013, S. 19).
2) Gemeint sind insbesondere die Gesellschaftsrechtsformen, die in Anhang II der Richtlinie 2013/34/EU aufgeführt sind.
3) Zur Klärung der Frage, ob ein Unternehmen unabhängig ist oder einer bestimmten Gruppe angehört, werden die Kriterien von Amtsblatt (EU) L 187/70 vom 26. Juni 2014 (Anhang I) herangezogen.