Richtlinie
Soziale Wohnraumförderung;
Richtlinie des Landes Hessen zur Förderung des behindertengerechten Umbaus von selbstgenutztem Wohneigentum
[Vom 14. Dezember 2021]
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I. Einzelbestimmungen
1. Ziele der Förderung
Die angemessene Wohnraumversorgung von Menschen mit Behinderungen gehört zu den vordringlichen Aufgaben. Deren Wohnungen und näheres Wohnumfeld sollen baulich so gestaltet werden, dass Menschen mit Behinderungen selbstständig und unabhängig leben können. Wohngebäude und Wohnungen sollen barrierefrei erreichbar sein.
Ziel dieses Programms ist die Förderung von Umbaumaßnahmen im bestehenden Wohneigentum, so dass Menschen mit Behinderungen weiter einen eigenen Haushalt führen sowie selbstständig und unabhängig leben können. Hierdurch wird die Lebens- und Wohnqualität von Menschen mit Behinderungen erhöht. Als Teil der sozialen Wohnraumförderung unterstützt das Land daher Haushalte, in denen Menschen mit Behinderungen leben und die auf Unterstützung angewiesen sind, den bestehenden Wohnraum anzupassen.
Die Anzahl der jährlich geförderten Wohnungen wird im jeweils geltenden Haushaltsplan des Landes Hessen unter Nr. 6 des Förderprodukts 87 „Förderung behindertengerechter Umbau“ bei Kap. 07 25 veranschlagt.
2. Gegenstand der Förderung
Förderfähig sind bauliche Maßnahmen, Einrichtungen und Ausstattungen an und in bestehenden selbstgenutzten Wohnungen und auf dem Wohnungsgrundstück (näheres Wohnungsumfeld) in Hessen. Es muss erkennbar sein, dass die Baumaßnahme aufgrund der Behinderung eines Haushaltsangehörigen notwendig ist und es sich nicht um eine Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahme handelt.
3. Antragsberechtigte
Antragsberechtigt sind Privatpersonen, die Eigentümerin oder Eigentümer oder Erbbauberechtige oder Erbbauberechtigter der zu fördernden Wohnung sind. Die zu fördernde Wohnung muss selbst genutzt werden. Als selbstgenutzt gelten Wohnungen, wenn sie von der oder dem Antragsberechtigten, deren oder dessen Ehe- bzw. Lebenspartnerin oder -partner oder Angehörigen in gerader Linie oder bis zum dritten Grad in der Seitenlinie (Nichte, Neffe, Onkel, Tante) bewohnt werden.
Dem Haushalt, der die zu fördernde Wohnung bewohnt, muss ein Mensch mit Behinderung angehören. Ein Mensch mit Behinderung im Sinne dieser Richtlinie ist eine Person, die einen Grad der Behinderung von 50 Prozent oder mehr bzw. eine Einstufung in den Pflegegrad 2 oder höher aufweist.
Die Behinderung ist in der Regel durch
- einen Schwerbehindertenausweis oder
- einen Pflegegradnachweis
zu belegen.
4. Zuwendungsfähige Ausgaben
Förderfähig sind die Ausgaben, die bei der Antragstellerin oder dem Antragsteller im Zusammenhang mit den Umbaumaßnahmen anfallen. Ausgaben in Zusammenhang mit gewährten, aber nicht in Anspruch genommenen Boni, Skonti und Rabatten sind nicht förderfähig.
Insbesondere folgende Maßnahmen sind förderfähig:
- Herstellung von barrierefreien Freiflächen, Plätzen, Wegen und PKW-Stellplätzen auf dem Grundstück
- Errichtung festinstallierter Rampen
- Beseitigung von Stufen und Schwellen
- Verbreiterung von Türen
- barrierefreier Badumbau
- barrierereduzierender Badumbau, zum Beispiel Austausch der Badewanne gegen eine Dusche
- Einbau von barrierefreien Bädern und Toilettenräumen
- Einbau von Haltegriffen
- Verbesserung und Einbau von barrierefreien Küchen
- Einbau von geeigneten Aufzügen (zum Beispiel Treppenschrägaufzug, Plattformlift)
- Kontrastreiche Gestaltung von Bewegungsflächen innerhalb und außerhalb der Gebäude
- Umbau von Einrichtungen zwecks Beseitigung von Verletzungsgefahr für blinde und sehbehinderte Menschen (zum Beispiel halbhoch angebrachte Sicherungskästen im Treppenhaus, niedrige Türen)
- Einbau von visuellen Hilfen für hörbehinderte Menschen
Die Maßnahmen sollen nach Möglichkeit den Anforderungen der Norm DIN 18040 Teil 2 entsprechen.
Es werden nur Bauvorhaben gefördert, deren Finanzierung dauerhaft gesichert ist. Eigenleistungen werden nicht gefördert.
Ausgeschlossen sind
- Umbaukosten in Verbindung mit dem Erwerb von Wohngebäuden und bis zu drei Jahren danach, es sei denn, die Behinderung ist nach dem Erwerb entstanden,
- die Erweiterung bestehender Wohngebäude außer zum Einbau eines Aufzuges sowie
- Baumaßnahmen, mit deren Bau vor Bewilligung der Fördermittel durch die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WI-Bank) begonnen wurde (Teil II Nr. 11).
5. Art und Umfang der Förderung
Die Förderung (Zuwendung) wird als Projektförderung im Wege der Anteilfinanzierung als nicht rückzahlbarer Zuschuss in Höhe von bis zu 50 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben gewährt.
Die Förderung nach Abs. 1 reduziert sich in gleicher Höhe, wie andere Stellen (zum Beispiel Pflegekasse, Rehabilitationsträger, Stiftungen, Versicherungen) Zuschüsse für vom Land nach diesen Richtlinien geförderten Maßnahmen gewähren (Teil II Nr. 13).
Für die einzelnen Maßnahmen gelten folgende maximalen Zuschussbeträge in Höhe von:
- Bad: Um-/Einbau 5.500 Euro
- Küche: Um-/Einbau 5.500 Euro
- Lift-/Aufzugeinbau 6.500 Euro
- Alle anderen förderungsfähigen Einzelmaßnahmen je 3.000 Euro
Förderfähig sind Ausgaben in Höhe von bis zu 30.000 Euro je Wohneinheit, auch wenn die Ausgaben der baulichen Maßnahmen insgesamt höher sind. Dies entspricht einem Zuschuss in Höhe von maximal 15.000 Euro je Wohneinheit.
Maßnahmen mit Ausgaben in Höhe von unter 1.500 Euro werden nicht gefördert.
Die Gesamtfinanzierung des Vorhabens muss sichergestellt sein.
6. Verfahren, Förderzusage
6.1. Anmeldeverfahren/Antragsverfahren
Das für das Wohnungswesen zuständige Ministerium teilt den Wohnungsbauförderstellen jährlich ein Fördermittelkontingent zu.
Der Antrag auf Gewährung von Fördermitteln ist auf vorgeschriebenem Antragsvordruck unter Beifügung der nachstehenden Unterlagen
- unbeglaubigter, vollständiger Grundbuchauszug nach dem neuesten Stand
- Maßnahmenbeschreibung und gegebenenfalls Aufstellung der einzelnen Gewerke sowie prüfbare Kostenanschläge; soweit die Maßnahmen baugenehmigungspflichtig sind, außerdem Bauschein und genehmigte Pläne
- Fotos über den aktuellen Zustand (vor Umbau) der beantragten Maßnahme(n)
- Nachweis zur vorliegenden Behinderung (zum Beispiel Schwerbehindertenausweis, Bescheid über Pflegegrad oder Ähnliches)
beim Magistrat der kreisfreien Stadt, beim Magistrat von kreisangehörigen Städten mit mehr als 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern oder beim Kreisausschuss des Landkreises, in dessen Gebiet das Vorhaben durchgeführt werden soll, einzureichen. Die Bewilligungsbehörde stellt die Antragsvordrucke auf ihrer Internetseite bereit.
Der Magistrat/Kreisausschuss hat die Anträge unverzüglich zu prüfen. Ergibt die Prüfung, dass die Antragsvoraussetzungen vorliegen, leitet er die Anträge an die Bewilligungsbehörde weiter.
Bewilligungsbehörde ist:
Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WIBank)
Kaiserleistraße 29–35
63067 Offenbach am Main
www.wibank.de
Steht dem Magistrat/Kreisausschuss nur ein begrenztes Mittelkontingent zur Verfügung und reichen die Mittel nicht aus, um alle Anträge zu berücksichtigen, ist eine Auswahl nach sozialer Dringlichkeit vorzunehmen. Hierbei werden insbesondere der Grad der Behinderung und weitere soziale Kriterien (zum Beispiel finanzielle Situation, zeitliche Dringlichkeit) berücksichtigt.
Im Falle der Ablehnung eines Antrages durch die Bewilligungsbehörde ist von ihr das Einvernehmen mit dem zuständigen Magistrat/Kreisausschuss einzuholen. Sofern kein Einvernehmen erzielt wird, ist das für das Wohnungswesen zuständige Ministerium zu beteiligen.
6.2. Förderzusage, Bearbeitungsentgelt und Auszahlung des Zuschusses
Die Bewilligungsbehörde erteilt die Förderzusage durch einen Zuwendungsbescheid. Die Bewilligungsbehörde erhebt nach § 13 HWoFG ein einmaliges Bearbeitungsentgelt von 1 Prozent des bewilligten Zuschusses, mindestens jedoch 25 Euro.
Der Zuschuss wird in einer Summe nach Abschluss der Maßnahmen und Vorlage der Schlussabrechnung ausgezahlt.
II. Allgemeine Bestimmungen
7. Kein Rechtsanspruch
Ein Rechtsanspruch auf Gewährung der Förderung besteht nicht. Die Bewilligungsbehörde entscheidet aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Die Finanzierungshilfen sind stets zusätzliche Hilfen. Sie sind erst dann vorzusehen, wenn andere öffentliche und private Finanzierungsmöglichkeiten in angemessenem und zumutbarem Maße genutzt worden sind.
8. Rechtsgrundlage
Die Förderung erfolgt auf der Grundlage des Hessischen Wohnraumfördergesetzes (HWoFG) vom 13. Dezember 2012 (GVBl. S. 600), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. Dezember 2020 (GVBl. S. 941), in der jeweils geltenden Fassung.
Für die Bewilligung, die Auszahlung der Zuwendung, den Nachweis der Verwendung, die Prüfung des Verwendungsnachweises, gegebenenfalls die Rücknahme oder den Widerruf des Zuwendungsbescheides und die Verzinsung gelten die §§ 48 bis 49a des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (HVwVfG), der § 44 der Hessischen Landeshaushaltsordnung (LHO) und die hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften (VV) und die Bestimmungen des Hessischen Verwaltungskostengesetzes (HVwKostG) in der jeweils geltenden Fassung, soweit nicht in dieser Förderrichtlinie Abweichungen zugelassen sind.
Zum Bestandteil des Zuwendungsbescheides sind die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P), Anlage 2 zur VV Nr. 5.1 zu § 44 LHO, zu erklären.
Die Rücknahme und der Widerruf (auch teilweise) von Zuwendungsbescheiden sind nach § 4 Abs. 4 HVwKostG kostenpflichtig, sofern diese auf Gründen beruhen, die die Zuwendungsempfängerin oder der Zuwendungsempfänger zu vertreten hat.
9. Prüfungsrecht
Die Bewilligungsbehörde und der Hessische Rechnungshof sind berechtigt, die Verwendung der bewilligten Mittel durch Einsichtnahme in die Bücher, Belege und sonstigen Geschäftsunterlagen sowie durch örtliche Erhebungen zu prüfen oder durch Beauftragte prüfen zu lassen. Die Antragstellerin oder der Antragsteller hat auf Verlangen Auskunft zu erteilen, Einsicht zu gewähren und die Unterlagen vorzulegen.
10. Subventionserhebliche Angaben
Es handelt sich um Leistungen aus öffentlichen Mitteln im Sinne des Hessischen Subventionsgesetzes vom 18. Mai 1977 (GVBl. I S. 199) in Verbindung mit dem Subventionsgesetz vom 29. Juli 1976 (BGBl. I S. 2037). Die Antragsangaben und Tatsachen, von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen der Zuwendung abhängig sind, sind subventionserheblich im Sinne des § 264 des Strafgesetzbuches.
11. Refinanzierungsverbot
Eine Förderung nach diesen Richtlinien wird nur für solche Vorhaben bewilligt, die noch nicht begonnen worden sind (Refinanzierungsverbot).
Als Vorhabenbeginn ist grundsätzlich der Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- und Leistungsvertrages zu werten, wenn dieser in direktem Zusammenhang mit dem Förderprojekt steht.
12. Beihilferechtliche Einordnung
Die nach dieser Richtlinie geförderten Maßnahmen stellen keine Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) dar.
13. Kumulationsverbot
Für Maßnahmen, die nach dieser Richtlinie gefördert werden, dürfen in der Regel keine weiteren Fördermittel aus öffentlichen Haushalten in Anspruch genommen werden. Bei Inanspruchnahme von Fördermitteln öffentlicher Haushalte oder anderer Stellen wird der Zuschuss des Landes reduziert (Teil I Nr. 5).
14. Ausnahmen
Das für das Wohnungswesen zuständige Ministerium kann im Einzelfall Ausnahmen von dieser Richtlinie zulassen. Das Hessische Ministerium der Finanzen ist zu beteiligen, wenn haushaltsrechtliche Belange oder die vom Land übernommenen Bürgschaften von den Abweichungen betroffen sind.
15. Inkrafttreten
Diese Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Staatsanzeiger für das Land Hessen in Kraft.