Richtlinie
Hessisches Perspektivprogramm zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen schwerbehinderter Menschen (HePAS 2024)
[Stand Januar 2024]
Präambel
Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) normiert das Ziel der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben. Eine wesentliche Voraussetzung für die Verwirklichung dieses Teilhabeziels ist die Herstellung von Chancengleichheit in den Bereichen Ausbildung und Arbeit.
Das Hessische Perspektivprogramm zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen schwerbehinderter Menschen (HePAS) leistet einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Teilhabe von schwerbehinderten Menschen am Arbeitsleben und eröffnet Perspektiven für eine Teilhabe am inklusiven Arbeitsmarkt.
Gemeinsames Ziel der Landesregierung und des Landeswohlfahrtsverband (LWV) Hessen Integrationsamtes ist es, mit dem Prämiensystem Arbeitgeber und Ausbildungsbetriebe, ergänzend zu den gesetzlichen Leistungen der Arbeitsmarktförderung, für die Einstellung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen zu sensibilisieren. Im Bedarfsfall unterstützen Heranführungs- und Begleitungsmaßnahmen die Arbeitgeber dabei, nachhaltige Beschäftigungsverhältnisse entstehen zu lassen und so die Beschäftigungschancen schwerbehinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu stärken.
Ein Schwerpunkt des Programmes ist die Schaffung verbesserter Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit Behinderung, denen ansonsten nur der Weg in die Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) bleibt. Daher wird im Rahmen des Programmes der Übergang von Schulabgängerinnen und Schulabgängern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, insbesondere im Anschluss an die Teilnahme am hessischen Modell Projekt Berufliche Orientierung Inklusion (BOM/ZABIB) als eigenständiger Abschnitt aufgenommen. Gleiches gilt für Beschäftigte in einer WfbM, für die durch eine besondere Förderung ein Übergang in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder in ein Budget für Arbeit erleichtert werden soll. Die Implementierung von Strukturen eines Inklusions- und Übergangsmanagements für die Unterstützung von Übergängen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt kann im Rahmen einer Projektförderung bezuschusst werden.
Die berufliche Integration älterer schwerbehinderter Menschen soll verbessert werden. Neu in HePAS 2024 ist eine Zusatzprämie für Arbeitgeber, die schwerbehinderte arbeitslose und arbeitsuchende Menschen einstellen, die das 50. Lebensjahr vollendet haben.
Aufgenommen in HePAS 2024 wurde die Anschubfinanzierung für die Einrichtung von Inklusionsberatungen in den hessischen Industrie- und Handelskammern sowie den Handwerkskammern. Des Weiteren stehen die ab dem Jahr 2022 neu geschaffenen Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) in Hessen als Akteur in der Beratung und Antragstellung für das Programm zur Verfügung und sollen insbesondere inklusionsunerfahrene Arbeitgeber erreichen.
§ 1
Ziel des Programms und Personenkreise
(1) Ziel dieses Programmes ist es, die Arbeitslosigkeit von erwerbsfähigen schwerbehinderten oder im Sinne des § 2 Abs. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) gleichgestellten Menschen zu verringern und ihre berufliche Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu fördern.
Gefördert werden können arbeitslose oder arbeitsuchende Menschen ohne den Status einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit. Nicht gefördert werden können Personen, die aus persönlichen Gründen einen neuen Arbeitsplatz suchen.
(2) Die Prämien ergänzen, ersetzen aber nicht das der Teilhabe dienende gesetzliche Instrumentarium anderer Leistungsträger. Förderungen von Beschäftigungsverhältnissen im Rahmen des § 16i Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sind gegenüber HePAS vorrangig. Leistungen im Sinne von HePAS kommen in diesen Fällen daher nicht in Betracht.
(3) Ziel des Programmes ist es, insbesondere folgende Personenkreise durch Förderungen zu berücksichtigen und damit deren Teilhabechancen zu erhöhen:
a) schwerbehinderte Menschen, die das 50. Lebensjahr vollendet haben,
b) junge Menschen mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Anschluss an die Beendigung der Schulzeit zur Aufnahme einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt,
c) Menschen, die im Anschluss an eine Beschäftigung in einer WfbM oder einer innerbetrieblichen Qualifizierungsmaßnahme im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 SGB IX in den allgemeinen Arbeitsmarkt wechseln.
d) schwerbehinderte Menschen, die gem. § 155 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX im Arbeitsleben besonders betroffen sind und zur Teilhabe auch der Unterstützung der Integrationsfachdienste (IFD) bedürfen (§ 192 Abs. 2 und 3 SGB IX) und
e) schwerbehinderte Menschen, die in einem Inklusionsbetrieb eine Beschäftigung finden.
(4) Das Programm soll in seiner Laufzeit auch auf sich ändernde gesetzliche Bedingungen eingehen und flexibel auf Arbeitsmarktbedingungen angepasst werden können.
§ 2
Allgemeine Leistungsvoraussetzungen
(1) Voraussetzung für eine Prämiengewährung nach den §§ 6 bis 9 dieses Programmes ist ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis von mindestens 15 Stunden wöchentlich.
(2) Das zu fördernde Beschäftigungsverhältnis muss in Hessen sein.
(3) Voraussetzung für die Förderung ist die Zahlung eines tariflichen oder, soweit eine tarifliche Regelung nicht besteht, eines für vergleichbare Tätigkeiten ortsüblichen Arbeitsentgeltes.
(4) Die Prämien für Praktika, Ausbildung und Beschäftigung können nacheinander in Anspruch genommen werden.
(5) Die Antragstellung sollte vor Beginn der Ausbildung beziehungsweise der Beschäftigung erfolgen. In Ausnahmefällen kann eine verspätete Antragstellung bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Aufnahme eines Ausbildungs- oder Beschäftigungsverhältnisses erfolgen.
(6) Die Förderung von Praktika muss vor, spätestens jedoch in den ersten zwei Wochen nach Beginn des Praktikums beantragt werden.
§ 3
Übergang Schule und Beruf
(1) Bildung und Qualifizierung sind entscheidend für eine gesellschaftliche Teilhabe, insbesondere für junge Menschen mit Behinderungen. Dazu dient auch das bis zum 31.12.2026 befristete Projekt Berufliche Orientierung Inklusion Hessen (BOM/ZABIB).
(2) Arbeitgeber, die jungen Menschen während der Teilnahme an BOM/ZABIB ein Betriebspraktikum von regelhaft bis zu 4 Wochen anbieten, erhalten eine einmalige Prämie in Höhe von 1.000 Euro. Die Auszahlung der Prämie erfolgt nach Beendigung des Praktikums und nach Vorlage einer Teilnahmebescheinigung.
(3) Wird im Rahmen der Heranführung an Ausbildung oder Arbeit die Begleitung eines oder einer Jugendlichen zu einer psychosozialen Untersuchung zur Abklärung des weiteren Berufsweges bei den örtlichen Agenturen für Arbeit gewünscht, kann dies im Rahmen der Regelleistungen zur Finanzierung der IFD erfolgen.
(4) Die Ausbildungsregelungen für Fachpraktiker-Ausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) und der Handwerksordnung (HwO) sehen grundsätzlich eine Rehabilitationspädagogische Zusatzqualifikation (ReZA) für den Ausbilder oder die Ausbilderin vor. Als Ersatz für die vielfach bei kleinen Arbeitsgebern nicht vorhandene ReZA kann das Integrationsamt nach Absprache mit den zuständigen Kammern die Leistungen der regional tätigen IFD als Kompensation zur Verfügung stellen und trägt die dafür die entstehenden Kosten im Rahmen der Regelleistungen zur Finanzierung der IFD.
(5) Zur Intensivierung der Inklusionsbemühungen der Berufsschulen können Kooperationen mit IFD im Rahmen von Projekten gefördert werden. Diese können z.B. die Bereitstellung inklusionsgeeigneter Materialien oder auch Schulungsangebote für Lehrkräfte beinhalten, um einen differenzierten Unterricht zu unterstützen und den schulischen Teil der Berufsausbildung inklusiv zu gestalten Es gelten die Projektkriterien aus § 13 dieses Programmes.
§ 4
Inklusionsberatung in Kammern
(1) In Hessen wurde ein aus der Ausgleichsabgabe finanziertes Beratungsangebot für Mitgliedsbetriebe der Kammern geschaffen. Dieses ist auszubauen und nach Möglichkeit in allen Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern sowie im Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen zu etablieren. Diese Inklusionsberatungen der Kammern sollen innerhalb der Kammern sowie in ihren Mitgliedsbetrieben für Inklusion, Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen sensibilisieren.
Zur Erreichung dieses Ziels werden mit den Kammern jährlich Zielvereinbarungen geschlossen, die sowohl den sich ändernden gesellschaftspolitischen und gesetzlichen Gegebenheiten Rechnung tragen, als auch über neue Fördermöglichkeiten (z.B. Budget für Ausbildung oder Arbeit) in den Zuständigkeitsbereichen der Kammern informieren sollen.
(2) In den Zielvereinbarungen ist auch die Möglichkeit und die Anforderungen an eine Durchführung der ReZA durch die IFD zu regeln. Das Nähere wird zwischen dem LWV Hessen Integrationsamt und der Kammer abgestimmt.
(3) Die Inklusionsberatungen haben sich mit den Arbeitsmarktakteuren und Beratungsstrukturen ihres Zuständigkeitsbereiches zu vernetzen.
(4) In der Laufzeit des HePAS-Programmes werden diese Inklusionsberatungen im Sinne einer Anschubfinanzierung vollständig gefördert.
§ 5
Förderung von Praktika
(1) Freiwillige Praktika für zielgruppenzugehörige Personen im Rahmen der Arbeitsuche und zur Vorbereitung auf eine Tätigkeit/Ausbildung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt werden auf Antrag des Arbeitgebers durch die Gewährung einer einmaligen Prämie in Höhe von 1.000 Euro gefördert.
(2) Die Förderung erfolgt für Praktika mit mindestens 15 Stunden wöchentlich und einer Praktikumsdauer von mindestens vier bis in der Regel acht Wochen. Sollte das Praktikum länger als acht Wochen andauern, beträgt die Prämie 1.500 Euro.
(3) Bei den Praktika kann es sich um betriebliche Erprobungen im Sinne des § 45 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) oder um Praktikantenverhältnisse im Sinne des § 26 BBiG handeln.
(4) Die Prämienregelung gilt nicht für Praktikantinnen und Praktikanten, die ihr Praktikum im Rahmen einer Schul-, Ausbildungs- oder Studienordnung (z.B. berufsausbildungs- oder studienbegleitendes Praktikum) absolvieren sowie für Schülerinnen oder Schüler bis zum Ende der Schulpflicht. Eine Ausnahme ist in § 3 dieses Programmes für den Übergang Schule und Beruf geregelt.
(5) Bei arbeitslos gemeldeten, zielgruppenzugehörigen Personen wird auf das Erfordernis der vorherigen Einholung der Zustimmung der Träger der Arbeitsvermittlung hingewiesen, damit die Verfügbarkeit im Sinne des § 139 SGB III nicht gefährdet wird.
(6) Die Teilnehmer erhalten eine Tätigkeitsbescheinigung. In der Bescheinigung sollten die während der Maßnahme erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten beschrieben sein.
(7) Die Auszahlung der Prämie erfolgt nach Beendigung des Praktikums und nach Vorlage der Bescheinigung.
(8) Praktika von Beschäftigten einer WfbM sowie Praktika im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung (§ 55 SGB IX) werden nicht durch HePAS gefördert.
§ 6
Förderung der Probebeschäftigung
(1) Wird die sozialversicherungspflichtige Probebeschäftigung im Sinne des § 46 SGB III nachweislich durch einen Träger der Arbeitsvermittlung oder einen anderen Rehabilitationsträger bis zu drei Monaten gefördert, kann das Beschäftigungsverhältnis im Anschluss bezuschusst werden. Die Förderdauer darf zusammen mit der Leistung anderer Träger einen Zeitraum von insgesamt sechs Monaten nicht überschreiten.
Ziel der Förderung ist es, die Kennenlernphase zwischen Arbeitgeber und der probebeschäftigten Person zu verlängern und damit die Chancen der Eingliederung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt für die Zielgruppe zu steigern.
(2) Für zielgruppenzugehörige Personen können die Kosten eines sozialversicherungs-pflichtigen Probebeschäftigungsverhältnisses bis zu insgesamt sechs Monaten mit einer Prämie gefördert werden, wenn nachweislich eine Förderung der Probebeschäftigung durch die Träger der Arbeitsvermittlung oder einen anderen Rehabilitationsträger nicht erfolgte. Eine Förderung von bis zu insgesamt sechs Monaten ist möglich, wenn Art und Schwere der Behinderung dies erfordert und dadurch eine Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden kann.
(3) Die Förderung erfolgt durch eine monatliche Prämie in Höhe von 1.000 Euro. Die Auszahlung der Prämie erfolgt nach Beendigung der Probebeschäftigung auf Abruf durch den Arbeitgeber.
(4) Probebeschäftigungen von Beschäftigten einer WfbM werden nicht durch HePAS gefördert.
§ 7
Ausbildungsprämie
(1) Eine Ausbildungsprämie in Höhe von bis zu 14.000 Euro kann für ausbildungs-suchende, zielgruppenzugehörige Personen bei der Besetzung eines Ausbildungsplatzes in einem anerkannten Ausbildungsberuf gewährt werden. Unter Ausbildung ist eine betriebliche Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf zu verstehen. Hierunter fallen auch Ausbildungen nach § 66 BBiG bzw. § 42m HwO entsprechend. Eine Prämie wird auch für Ausbildungen in Form von Teilzeit gewährt. Bei der Förderung kommt es nicht auf das Lebensalter der Betroffenen an.
(2) Für die Besetzung eines Ausbildungsplatzes wird eine Grundprämie in Höhe von 7.000 Euro gewährt.
Höhere Prämien für Arbeitgeber ergeben sich aus nachfolgenden Aspekten:
a) Arbeitgeber, die ihre Beschäftigungspflicht im Sinne des § 154 Abs. 1 SGB IX erfüllen, erhalten eine Prämie in Höhe von insgesamt 9.000 Euro.
b) Arbeitgeber, die keiner Beschäftigungspflicht unterliegen, erhalten eine Prämie in Höhe von insgesamt 10.000 Euro.
c) Arbeitgeber, die die Personenkreise des § 1 Abs. 3 Ziffer a bis c dieses Programmes in ein sozialversicherungspflichtiges Ausbildungsverhältnis einstellen, erhalten zusätzlich zu den genannten Prämien eine Zusatzprämie in Höhe von 4.000 Euro.
(3) Für die Feststellung der Höhe der Prämie ist die Beschäftigungsquote zum Zeitpunkt des Ausbildungsbeginns maßgeblich.
(4) Die Auszahlung der Ausbildungsprämie erfolgt in zwei gleichen Raten nach Vorlage des Mittelabrufes. Im Mittelabruf muss die Fortsetzung der Ausbildung bestätigt werden.
- Die erste Auszahlung erfolgt nach Ablauf von 6 Beschäftigungsmonaten (frühestens am ersten Tag im 7. Monat),
- die zweite Auszahlung nach Ablauf von 24 Beschäftigungsmonaten (frühestens am ersten Tag im 25. Monat).
§ 8
Einstellungsprämie
(1) Die Einstellungsprämie erfordert ein auf mindestens 12 Monate befristetes sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit tariflicher oder ortsüblicher Bezahlung.
(2) Für die Besetzung eines Arbeitsplatzes wird eine Grundprämie in Höhe von 6.000 Euro gewährt.
Höhere Prämien für Arbeitgeber ergeben sich aus nachfolgenden Aspekten:
a) Arbeitgeber, die ihre Beschäftigungspflicht im Sinne des § 154 Abs. 1 SGB IX erfüllen, erhalten eine Prämie in Höhe von insgesamt 8.000 Euro.
b) Arbeitgeber, die keiner Beschäftigungspflicht unterliegen, erhalten eine Prämie in Höhe von insgesamt 9.000 Euro.
c) Arbeitgeber, die die Personenkreise des § 1 Abs. 3 Ziffer a bis c dieses Programmes in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis einstellen, erhalten zusätzlich zu den genannten Prämien eine Zusatzprämie in Höhe von 4.000 Euro.
(3) Erfolgt nach dem geförderten Ausbildungsverhältnis eine Übernahme in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis bei gleichem Arbeitgeber, wird eine Einstellungsprämie in Höhe der Grundprämie von 6.000 Euro ohne Zusatzprämien gewährt.
(4) Für die Feststellung der Höhe der Prämie ist die Beschäftigungsquote zum Zeitpunkt des Beschäftigungsbeginns maßgeblich.
(5) Eine wiederholte Förderung der zielgruppenzugehörigen Person bei demselben Arbeitgeber mit der gleichen Prämienart ist nicht möglich.
(6) Die Auszahlung der Einstellungsprämie erfolgt in zwei gleichen Raten nach Vorlage des Mittelabrufes. Im Mittelabruf muss die Fortsetzung der Beschäftigung bestätigt werden.
- Die erste Auszahlung erfolgt nach Ablauf von 6 Beschäftigungsmonaten (frühestens am ersten Tag im 7. Monat),
- die zweite Auszahlung nach Ablauf von 24 Beschäftigungsmonaten (frühestens am ersten Tag im 25. Monat).
§ 9
Ausgleich und Übergangsprämie für WfbM
(1) Ziel eines inklusiven Arbeitsmarkts ist es, die Eintrittsmöglichkeit in ein reguläres Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis zu fördern. Insbesondere soll die Durchlässigkeit zwischen WfbM und Arbeitsmarkt weiter verbessert werden. Der Ausbau von Betriebsintegrierten Beschäftigungsplätzen (BiB) ist für Menschen mit Behinderung wichtig, damit sie die Bedingungen des Arbeitsmarktes kennenlernen können. Gleichzeitig ist ein BiB eine gute Voraussetzung, um den Sprung in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis bewältigen zu können. Der Übergang aus BiB in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung (ggf. mit Budget für Arbeit) ist daher anzustreben.
(2) Für den erfolgreichen Übergang aus dem Arbeitsbereich, insbesondere aus BiB einer WfbM in den allgemeinen Arbeitsmarkt, wird der abgebenden Werkstatt ein Ausgleich in Höhe von einmalig 15.000 Euro gewährt.
Die abgebende WfbM erhält darüber hinaus einmalige Übergangsprämien in Höhe von bis zu 15.000 Euro für den erfolgreichen Übergang in ein voll sozialversicherungs-pflichtiges Arbeitsverhältnis oder in ein Budget für Arbeit.
Die Übergangsprämien für die abgebende WfbM ergeben sich aus nachfolgenden Aspekten:
a) Beim Übergang in ein reguläres, voll sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis wird der abgebenden WfbM eine Prämie in Höhe von 10.000 Euro gewährt.
b) Abweichend davon wird beim Übergang in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis auf Basis/mit Unterstützung des Budgets für Arbeit der abgebenden WfbM eine Prämie in Höhe von 5.000 Euro gewährt.
c) Zusätzlich zu den genannten Prämien erhält die abgebende WfbM eine einmalige Prämie in Höhe von 5.000 Euro, wenn der Übergang aus dem BiB oder dem Arbeitsbereich der Werkstatt in einem Zeitraum von bis zu drei Jahren seit Besetzung des BiB bzw. des Eintrittes in den Arbeitsbereich der Werkstatt durch den Menschen mit Behinderung erfolgt ist.
Die Übergangsprämien werden in entsprechender Höhe gewährt, wenn der Übergang in eine Ausbildung oder mit Unterstützung eines Budgets für Ausbildung erfolgt.
Die vorgenannten Regelungen gelten nicht für die Umwandlung von Arbeitsbereichen (oder Teilen davon), wenn diese innerhalb der Struktur der WfbM vorgenommen werden.
(3) Die Auszahlung des Ausgleichs und der Übergangsprämien erfolgt in zwei gleichen Raten nach Vorlage des Mittelabrufes. Im Mittelabruf der Werkstatt muss die Fortsetzung der Beschäftigung vom Arbeitgeber und der beschäftigten Person bestätigt werden.
- Die erste Auszahlung erfolgt nach Ablauf von 6 Beschäftigungsmonaten (frühestens am ersten Tag im 7. Monat),
- die zweite Auszahlung nach Ablauf von 12 Beschäftigungsmonaten (frühestens am ersten Tag im 13. Monat).
§ 9a
Inklusions- und Übergangsmanagement
(1) Zur Implementierung eines Inklusions- und Übergangsmanagements für die Unterstützung von Übergängen aus der WfbM auf den allgemeinen Arbeitsmarkt können geeignete Strukturen im Rahmen der Projektförderung nach § 13 dieses Programmes erprobt werden.
(2) Zielsetzung des Inklusions- und Übergangsmanagements ist es, den Übergang aus WfbM auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu fördern und die Menschen in ihren Stärken sowie Qualifikationen zu unterstützen. Das Inklusions- und Übergangsmanagement sollte aus dem für die WfbM örtlich zuständigen IFD, den Fachkräften für betriebliche Integration (FBI) der im Zuständigkeitsbereich liegenden WfbM sowie der Werkstattleitungen und der Werkstatträte bestehen.
(3) Das Inklusions- und Übergangsmanagements soll unter anderem folgende Maßnahmen und Instrumente nutzen:
- Eignungsabklärung
- Jährliche Gespräche zur Identifikation übergangswilliger Personen
- Identifikation geeigneter Stellen
- Berufliche Sozialraumorientierung, um mögliche Unternehmen und Firmen kennen zu lernen
- Bewerbungstraining und Unterstützung bei Bewerbungsunterlagen erstellen
- Vermittlung und Koordinierung von Praktikumsplätzen
- Individuelles Kompetenztraining in Kommunikation, Konfliktlösungsstrategie, Selbstorganisation
- Mobilitätstraining, um Barrieren auf dem Arbeitsweg abzubauen
- Unternehmenssuche/Kontaktaufnahme zu Unternehmen, welche bereit sind einen Menschen mit Behinderung aus der Werkstatt kommend einzustellen
- Aufklärungsarbeit, beispielsweise in Form von regelmäßigen Informationsveranstaltungen
- Erstellung fachdienstlicher Stellungnahmen (FDS) zur Abklärung des benötigten Bedarfs für Anleitung und Begleitung beim Übergang mit Hilfe eines Budgets für Arbeit
(4) Um den Übergang aus BiB zu forcieren, soll das Inklusions- und Übergangsmanagement verpflichtend mit dem betrieblichen Arbeitgeber überprüfen, ob die Voraussetzungen für eine betriebliche Übernahme in ein reguläres Arbeitsverhältnis gegeben sind.
(5) Aufgabe des Inklusions- und Übergangsmanagements soll es zudem sein, zur Sicherung der neuen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse den Arbeitgebern bei Bedarf in den ersten sechs Monaten nach Beschäftigungsaufnahme unterstützend zur Seite zu stehen.
§ 10
Förderung Abschluss Inklusionsvereinbarungen
Das Instrument der Inklusionsvereinbarung nach § 166 SGB IX soll die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben dadurch stärker unterstützen, dass die betriebliche Inklusionsarbeit über Zielvereinbarungen gesteuert wird. Vereinbarungen sind geeignet, um die Beschäftigungssituation spürbar zu verbessern.
Für den Abschluss von Inklusionsvereinbarungen, die erstmals nach dem 01.01.2024 geschlossen und nach § 166 Abs. 1 Satz 6 SGB IX gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit und dem zuständigen Integrationsamt angezeigt wurden, wird eine einmalige Prämie in Höhe von 2.000 Euro gewährt.
§ 11
Heranführung an Ausbildung und Beschäftigung
Die Akquise von Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten im Sinne der §§ 7 und 8 dieses Programmes kann durch die Träger der Arbeitsvermittlung, das Integrationsamt oder der von ihm beauftragten Dienste erfolgen.
Das Integrationsamt kann im Einzelfall erforderlich werdende Maßnahmen zur Heranführung durchführen lassen, wenn dadurch die Teilhabechancen am Arbeitsmarkt erst ermöglicht werden können. Die Beauftragung erfolgt im Rahmen von Kontingenten. Die Pauschalen setzen sich aus einem Grundbetrag und einer Teilprämie, die bei Abschluss eines sozialversicherungspflichtigen Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses gewährt wird, zusammen. Das Nähere wird in Kontingentvereinbarungen zwischen dem Integrationsamt und den von diesem herangezogenen Diensten geregelt.
§ 12
Begleitung in Ausbildung und Beschäftigung
(1) Werden besondere Maßnahmen der Begleitung des Beschäftigungsverhältnisses notwendig, ohne die die erwünschte Eingliederungschance gefährdet wäre, kann das Integrationsamt im Einzelfall auf Antrag des Arbeitgebers und/oder der betroffenen Person Maßnahmen durchführen lassen, die zu einer Stabilisierung des Beschäftigungsverhältnisses führen.
Die Begleitung soll bereits in der Kennenlernphase für die beschäftigungsbereiten Arbeitgeber und für die Betroffenen den Abgleich zwischen Anforderungs- und Fähigkeitsprofil ermöglichen und die Herstellung einer Passgenauigkeit unterstützen.
Ist eine Begleitung in den ersten sechs Monaten nach erfolgter Einstellung im Sinne des § 8 dieses Programmes erforderlich, kann im Rahmen dieses Programmes eine Unterstützung erfolgen, wenn die Notwendigkeit seitens des Arbeitgebers bescheinigt wird.
(2) Eine Begleitung zur Stabilisierung eines Ausbildungsverhältnisses (§ 7 dieses Programmes) ist grundsätzlich nur möglich in Fällen, in denen zuvor auch eine Heranführung durch die beauftragten Dienste erfolgt ist und der Ausbildungsgeber die Notwendigkeit bescheinigt.
(3) Übergängen von schwerbehinderten Schulabgängerinnen und Schulabgängern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Anschluss an die Beendigung der Schulzeit in ein sozialversicherungspflichtiges Ausbildungs- oder Beschäftigungsverhältnis wird unterstellt, dass zu dessen Stabilisierung eine Betreuung für die Dauer der Ausbildung bzw. für die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses notwendig ist. Das Gleiche gilt für Übergänge aus einer WfbM, die nicht bereits mit einem Budget für Arbeit gefördert werden.
(4) Für die Begleitung durch die vom Integrationsamt herangezogenen Dienste kann eine Pauschalvergütung gewährt werden. Das Nähere bestimmt die zwischen Integrationsamt und herangezogenen Diensten zu schließende Kontingentvereinbarung.
Sollte nach den ersten sechs Monaten wegen der Behinderung weiterhin Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz erforderlich sein, kann hierfür Unterstützung im Rahmen der Begleitenden Hilfe gewährt werden. Im Falle des Überganges in ein Ausbildungsverhältnis im Sinne des Absatzes 2 wird unterstellt, dass eine Betreuung für die Dauer der Ausbildung zur Stabilisierung notwendig ist.
§ 13
Projektförderung
Das Ziel gute Rahmenbedingungen für personenzentrierte Leistungen zur Erreichung einer Nachhaltigkeit/Stabilisierung von Beschäftigung zu schaffen, soll auch durch freie Projektförderung erreicht werden. Dies beinhaltet die Möglichkeit, strukturelle Maßnahmen und Projekte zu fördern, die der Weiterentwicklung bestehender und der Schaffung bedarfsgerechter Angebote zur Umsetzung der Programmziele dienen. Das Entstehen von Doppelstrukturen ist zu vermeiden. Voraussetzung einer Förderung ist, dass Antragstellerinnen und Antragsteller und Projektstandort sich in Hessen befinden und das Projekt in Hessen durchgeführt wird.
Für einzelne Projekte im Sinne des Programmzieles können während des Modellzeitraums Förderungszuschüsse in Höhe von bis zu 200.000 Euro gewährt werden. Näheres legt ein Leitfaden für die Projektförderung fest.
§ 14
Rückzahlungsverpflichtung
Eine Rückzahlungsverpflichtung für Leistungen dieses Programmes besteht grundsätzlich, wenn die Bewilligung auf Angaben beruht, die vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtig gemacht wurden.
§ 15
Dokumentation
Um die Wirksamkeit des Programmes und dessen Nachhaltigkeit überprüfen zu können, werden durch das Integrationsamt des LWV Hessen jährlich Daten zur Anzahl der einzelnen Prämien und Projektförderungen erhoben. Arbeitgeber erteilen zur Überprüfung der Wirkung der Programminhalte und der Nachhaltigkeit der geförderten Ausbildungs- und Beschäftigungsverhältnisse auf Verlangen des Integrationsamtes die notwendigen Auskünfte.
§ 16
Programmdurchführung
(1) Das Programm wird aus den Mitteln der Ausgleichsabgabe auf der Grundlage der §§ 160 Abs. 5 und 185 Abs. 3 Nr. 2e und 3 SGB IX in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 4 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) finanziert.
(2) Zuständig für die Durchführung des Programmes ist das Integrationsamt des LWV Hessen.
(3) Das Integrationsamt kann bei der Durchführung Dritte, insbesondere IFD sowie Berufsbildungs- oder Berufsförderungswerke beteiligen.
(4) Die Träger der Arbeitsvermittlung informieren potentielle Arbeitgeber durch geeignete Maßnahmen, beispielsweise durch einen Versand von Merkblättern, rechtzeitig über dieses Programm. Entsprechende Informationen sind auch den Bescheiden über eine Förderung mit Leistungen nach dem SGB II, III oder IX beizufügen.
(5) Die im Rahmen der Umsetzung der Heranführung und Begleitung tätigen Personen müssen über ausreichende Berufserfahrungen und auch über besondere Kenntnisse für die Begleitung in Ausbildung und Beruf verfügen. Das Vorliegen einer Zertifizierung nach der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung (AZAV) gilt als Nachweis für eine fachliche Eignung.
§ 17
Geltungsdauer
Das Programm tritt mit Wirkung zum 1. Januar 2024 in Kraft. Es ist bis zum 31. Dezember 2026 befristet. Die Geltungsdauer kann verlängert werden.