Richtlinie
Fach- und Fördergrundsätze zum Landesprogramm „Förderung von Integrationsmaßnahmen für Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler“
[Vom 18. Januar 2021]
Für die Förderung gelten die Landeshaushaltsordnung (LHO), insbesondere die §§ 23 und 44 sowie die dazu ergangenen Vorläufigen Verwaltungsvorschriften (VV), das Hessische Verwaltungsverfahrensgesetz und das Verwaltungskostengesetz in der jeweils geltenden Fassung, soweit nicht in den Fach- und Fördergrundsätzen Abweichungen zugelassen worden sind.
1. Ziel und Gegenstand der Förderung
Ziel der Förderung ist die nachhaltige Verbesserung der Integration von nach Hessen verteilten Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern, sowie deren Familienangehörigen.
Folgende Maßnahmen können gefördert werden:
1.1 bedarfsorientierte und zielgruppengerechte Maßnahmen zum Erwerb der deutschen Sprache bzw. zur Verbesserung der Deutschkenntnisse für Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler, die keinen Anspruch auf Förderung oder keine Zulassung nach den §§ 4, 5 und 13 der Integrationskursverordnung vom 13. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3370 ff.), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) haben;
1.2 besonders qualifizierte Maßnahmen zur Verbesserung der deutschen Sprache und integrationsbedingte Fördermaßnahmen für Teilnehmer an den Kursen zur Erlangung der Hochschulzugangsberechtigung und des Hauptschulabschlusses;
1.3 nachhaltige innovative Integrationsmaßnahmen zur Stärkung der Eigeninitiative und des eigenverantwortlichen Handelns, um am Integrationsprozess mitzuwirken. Hierbei handelt es sich vor allem um Maßnahmen und Projekte der nachholenden Integration, die neue Lösungsansätze bieten. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Vernetzung gelegt Projekte zur nachholenden Integration der Deutschen aus Russland sollen das Ziel haben, den Integrationsprozess bei bereits länger hier lebenden Spätaussiedlern zu steuern und zu begleiten sowie Integrationsdefizite aufzuarbeiten. Dabei sollen die Fähigkeiten und Potenziale durch Teilhabe und Partizipation im gesellschaftlichen Leben weiterentwickelt werden.
Beispielsweise sind damit Projekte mit gezielten Beschäftigungsprogrammen für Freizeitgestaltung, Sport- und Kulturarbeit sowie Medienkompetenz gemeint, um vor allem Jugendliche Spätaussiedler zu integrieren.
Im Rahmen von Maßnahmen zur politischen Bildung sollten gezielt Themen gesetzt werden, die dazu befähigen, Fake News, Manipulationen durch Medien sowie Propaganda zu erkennen und sich davon zu distanzieren.
Es können Projekte für Medienpädagogik und auf Social Media spezialisierte Projekte gefördert werden. Hierzu gehören beispielsweise Rollen- bzw. Planspiele, Open Space, Fisch-Bowl-Diskussionsmethoden, kulturelle bzw. kreative Projekte wie Musik, Sport, Filme, Ausstellungen, Workshops und Sommercamps.
Es können innovative Maßnahmen für beispielsweise moderne Medienplattformen wie Homepage, Facebook, WhatsApp, Podcasts, Instagram und YouTube aufgebaut werden, um die Deutschen aus Russland in ihren Medienkompetenzen zu unterstützen
1.4 Ausstellungen, Theaterstücke sowie Bildungsreisen, die sich mit der Geschichte und der Kultur der Spätaussiedler befassen;
1.5 Im Einzelfall institutionelle Förderungen mit Alleinstellungsmerkmal sofern ein besonderes Landesinteresse besteht.
Integrationsprojekte mit Alleinstellungsmerkmal, die ausschließlich von einem Träger in einer bestimmen Form, Art und Weise in Hessen durchgeführt werden können und damit von besonderem Landesinteresse sind.
2. Antragsberechtigte Träger
2.1 Fördermaßnahmen können von kommunalen, kirchlichen und freigemeinnützigen Trägern beantragt werden.
2.2 Sprachfördermaßnahmen nach Nr. 1.1 können auch von privaten Trägern beantragt werden.
3. Allgemeine Voraussetzungen der Förderung
3.1 Die Träger müssen Konzeption, Durchführung, Zielgruppe und Ziel der Maßnahme bei Antragstellung ausreichend beschreiben. Auch muss der Bedarf für die zu fördernd Maßnahme im Hinblick auf schon bestehende Angebote begründet werden.
3.2 Ein Finanzierungsplan für das jeweilige Haushaltsjahr ist vorzulegen.
3.3 Der Zuwendungsempfänger hat die Gesamtfinanzierung der Maßnahme nachzuweisen.
Bei Sprachfördermaßnahmen nach Nr. 1.1 und 1.2 sollen haupt- und nebenamtliche sowie ehrenamtliche Lehrkräfte fachliche Kenntnisse für ihre Tätigkeit besitzen und durch eine Qualifikation im Bereich Sprachförderung nachweisen.
3.4 Die Teilnehmerzahl pro Sprachkurs soll möglichst 10 bis maximal 25 Personen betragen.
Über Ausnahmen hiervon entscheidet das Regierungspräsidium Darmstadt. Eine regelmäßige Teilnahme ist sicherzustellen. Wesentliche Veränderungen der Teilnehmerzahl, die Auswirkungen auf die Förderung haben könnten, sind dem Regierungspräsidium Darmstadt möglichst vor Kursbeginn beziehungsweise während des Kursverlaufes grundsätzlich schriftlich mitzuteilen.
4. Inhaltliche Voraussetzungen der Förderung
4.1 In den Sprachkursen nach Nr. 1.1 sollen neben der Sprachvermittlung auch Sachverhalte des alltäglichen Lebens, der Familie und Erziehung, des Wohnumfeldes, des Gesundheits- und Bildungssystems und des Arbeitsmarktes – entsprechend der jeweiligen Zielgruppe – vermittelt werden. In den Fördermaßnahmen nach Nr. 1.2 gelten die Vorgaben des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.
4.2 Innovative Integrationsmaßnahmen nach Nr. 1.3 sollen unter Einbeziehung der sozialräumlichen Problematiken insbesondere folgende Ansätze einschließen:
a) Vernetzung und Dialogbereitschaft verbessern,
b) Schaffung von Transparenz und Offenheit,
c) Erreichung von besonderen Zielgruppen,
d) Mobilisierung und Unterstützung von Selbsthilfe,
e) Kompetenzerweiterung,
f) Stärkung der Lebensqualität und Abbau von Isolation,
g) Gewinnung und Motivierung von Ehrenamtlichen.
5. Art und Umfang der Förderung
5.1 Bei Sprachkursen nach Nr. 1.1 und nach Nr. 1.2 werden Zuwendungen in Form einer Festbetragsfinanzierung mit 40 Euro pro Unterrichtsstunde (à 45 Minuten) gewährt. Eine notwendig werdende Komplementärfinanzierung kann durch kommunale Mittel, Mittel des Trägers, sonstige Drittmittel und Teilnehmerbeiträge sichergestellt werden.
Der Förderumfang bei Sprachkursen beträgt je nach Bedarf pro Teilnehmer bis zu 300 Unterrichtsstunden.
5.2 Bei Integrationsmaßnahmen nach Nr. 1.3, 1.4 und 1.5 beträgt der Finanzierungsanteil des Landes bis zu 90 Prozent der Maßnahmeausgaben. Zuwendungsfähig sind die im Zusammenhang mit der Durchführung der Maßnahme entstehenden Personal- und Sachausgaben.
5.3 Die Zuwendung ist kalenderjährlich bei der Bewilligungsbehörde zu beantragen.
5.4 Ein Rechtsanspruch auf Gewährung von Fördermitteln besteht nicht. Zuwendungen erfolgen im Rahmen der jährlich verfügbaren Fördermittel.
5.5 Die Richtlinie für die Förderung sozialer Gemeinschaftseinrichtungen und nichtinvestiver sozialer Maßnahmen (Investitions- und Maßnahmenförderungsrichtlinie – IMFR) vom 5. Februar 2001 (StAnz. S. 868), zuletzt geändert am 7. Dezember 2010 (StAnz. S. 2796), ist in der jeweils geltenden Fassung zu beachten.
6. Abwicklung der Förderung
6.1 Zuständige Behörde für die Antragstellung und Abwicklung der Förderung ist das Regierungspräsidium Darmstadt. Formvordrucke sind auf der Homepage www.rp-darmstadt.hessen.de abrufbar.
6.2 Der Antrag auf Förderung (Formvordruck) ist vom Träger rechtzeitig vor Maßnahmenbeginn beim Regierungspräsidium Darmstadt in zweifacher Ausfertigung vorzulegen.
6.3 Bei Sprachfördermaßnahmen gemäß 1.1 hat der Träger bei Antragstellung zu versichern, dass die zu fördernden Teilnehmer keinen Anspruch auf eine Förderung nach der Integrationskursverordnung des Bundes bzw. keine Zulassung vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erhalten haben. Hiervon können in begründeten Fällen Ausnahmen zugelassen werden.
6.4 Über Anträge gemäß 1.1 entscheidet das Regierungspräsidium Darmstadt. Über Anträge gemäß 1.2, 1.3, 1.4 und 1.5 entscheidet das Hessische Ministerium des Innern und für Sport.
6.5 Die Zuwendungen werden vom Regierungspräsidium Darmstadt bewilligt und ausgezahlt. Der betroffene Magistrat oder der Kreisausschuss erhält vom Regierungspräsidium eine Kopie des Bewilligungsbescheides.
6.6 Die Träger sind verpflichtet, bei Sprachfördermaßnahmen Teilnehmer- und Anwesenheitslisten zu führen, aus denen die Anzahl der tatsächlich geleisteten Unterrichtsstunden zweifelsfrei hervorgeht. Für die Förderung können nur Teilnehmer berücksichtigt werden, deren tatsächliche Unterrichtsteilnahme mit mindestens 50 Prozent nachgewiesen werden kann. Die Anwesenheit muss je Unterrichtseinheit von den Teilnehmern durch Unterschrift bestätigt werden.
6.7 Für die Prüfung der Verwendungsnachweise im Falle von Kofinanzierungen zu Bundes- oder EU-Programmen, Programmen anderer Bundesländer oder anderen institutionell anerkannten Formen der Projektförderung obliegt die Prüfung des Verwendungsnachweises grundsätzlich der Stelle, die den höchsten finanziellen Förderbetrag bewilligen wird (in der Regel eine Bundesstelle).
Darüber ist vor der Bewilligung Einvernehmen zwischen den geldgebenden Stellen herzustellen (Nr. 10.2 VV zu § 44 LHO). Sofern die Verwendungsnachweise durch andere Stellen (zum Beispiel den Bund) geprüft werden, ist von der prüfenden Stelle dafür Sorge zu tragen, dass die Prüfvermerke auch dem Regierungspräsidium Darmstadt zugehen. Die Prüfung der Verwendungsnachweise für sonstige Maßnahmen obliegt dem Regierungspräsidium Darmstadt.
Der Verwendungsnachweis im Sinne von Nr. 10 VV zu § 44 LHO ist bis zum 31. März des auf die Bewilligung nach Ablauf des jeweiligen Haushaltsjahres oder bis zu dem im Zuwendungsbescheid festgelegten Termin bei zuvor genannten mit der Prüfung beauftragten Stellen einzureichen.
Die Zuwendungsempfänger sind verpflichtet, alle Anschaffungen zu inventarisieren, sofern sie 410 Euro (netto) Anschaffungswert überschreiten. Aktuelle Inventarlisten sind mit dem Verwendungsnachweis einzureichen.
Das Regierungspräsidium Darmstadt ist berechtigt, Originalbelege von Büchern, Belegen und sonstige Geschäftsunterlagen anzufordern und zu prüfen, sowie die ordnungsgemäße Verwendung der Zuwendung durch örtliche Erhebungen zu prüfen (§ 44 Abs. 1 Satz 3 LHO).
Das Regierungspräsidium Darmstadt legt dem Hessischen Ministerium des Innern und für Sport bis zum 31. Dezember jeden Jahres einen Bericht über die Verwendung des Vorjahres vor.
6.8. Die in Nr. 6.6 genannten Listen und Nachweise sind mit dem Verwendungsnachweis einzureichen.
6.9 Die Maßnahmenträger wirken an Evaluierungen des Förderprogramms mit.
7. Gegenstand der Förderung
7.1 Förderungen durch den Zuwendungsgeber können nur an Personen oder Organisationen erfolgen, die die Gewähr für eine mit den Staatszielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit bieten. In begründeten Fällen kann dies vom Zuwendungsgeber geprüft werden.
7.2 Sollte nach Bewilligung des Förderantrages festgestellt werden, dass die Gewähr für die freiheitlich demokratische Grundordnung nicht oder nicht mehr vorliegt, wird die weitere Gewährung von Fördermitteln aufgehoben; bei erfolgtem Widerruf wird die Rückforderung von bereits ausgezahlten Mitteln betrieben.
8. Auszahlung der Zuwendung
Die Zuwendungen sollen regelmäßig erst ausgezahlt werden, wenn der Zuwendungsbescheid bestandskräftig geworden ist. Der Zuwendungsempfänger kann die Bestandskraft des Zuwendungsbescheides herbeiführen und damit die Auszahlung beschleunigen, wenn er erklärt, dass er auf einen Rechtsbehelf verzichtet. Im Übrigen gelten die VV Nr. 7 zu § 44 LHO.
9. Unwirksamkeit, Rücknahme oder Widerruf des Zuwendungsbescheides
9.1 Die Zuwendung darf nur zur Erfüllung des im Zuwendungsbescheid bestimmten Zwecks verwendet werden.
9.2 Hinsichtlich der Unwirksamkeit, Rücknahme oder Widerruf von Zuwendungsbescheiden sowie der Erstattung der Zuwendung und deren Verzinsung wird auf die Regelungen in der VV Nr. 8 zu § 44 LHO verwiesen.
10. Prüfungsrecht
Der Hessische Rechnungshof ist berechtigt, bei den Zuwendungsempfängern die bestimmungsgemäße und wirtschaftliche Verwaltung und Verwendung der Zuwendungen zu prüfen. Im Falle der Weiterleitung der Zuwendungen an Dritte (Letztempfänger), kann der Rechnungshof auch bei diesen prüfen. Die Prüfung kann sich auch auf die sonstige Haushalts- und Wirtschaftsführung des Empfängers erstrecken, soweit es der Rechnungshof für seine Prüfung für notwendig hält (§ 91 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 und Abs. 2 LHO).
Im Falle einer Förderung aus EU-Mitteln sind die Prüfungsrechte auf die Europäische Kommission und den Europäischen Rechnungshof ausgeweitet. Bei einer Finanzierung aus Bundesmitteln gelten die Prüfungsrechte des Bundesrechnungshofs.
11. Schlussbestimmungen
11.1 Die Fach- und Fördergrundsätze zur Förderung von Integrationsmaßnahmen für Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler vom 17. Februar 2011 (StAnz. S. 506) werden aufgehoben.
11.2 Die Fach- und Fördergrundsätze zum Landesprogramm „Förderung von Integrationsmaßnahmen für Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern“ treten am Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.