Richtlinie
Fördergrundsätze „Innovation in der Bauwirtschaft“
vom 12. April 2023
Innovative Technologien – Digitale Bauverfahren – Nordrhein-Westfalen gestaltet Zukunft
Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen fördert Innovation in der Bauwirtschaft: Hierbei geht es insbesondere um die Implementierung innovativer Technologien und Verfahren, Modellprojekte für Experimentierbauten, die Entwicklung neuer Baustoffe und Bauprodukte unter Berücksichtigung der Minimierung von CO2 gegenüber herkömmlichen Baustoffen und Bauprodukten, die Entwicklung und den Einsatz von digitalen Instrumenten zur Steigerung der Effektivität und Effizienz von Bauvorhaben und den Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis.
Die Bauwirtschaft gehört im Land Nordrhein-Westfalen zu einer der Schlüsselindustrien: Mit den Fördergrundsätzen können innovative Zukunftstechnologien finanziell gefördert und damit die Weiterentwicklung von Technik, Materialen, Verfahren und vgl. vorangetrieben werden. Damit unterstützt das Land Nordrhein-Westfalen die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Bauwirtschaft für die Zukunft und das Geben von Antworten im Hinblick auf knapper werdende Ressourcen in Gegenwart und Zukunft.
I. Ziel und Zweck der Förderung
Ziel der Förderung ist es, neue technische, organisatorische und innovative Erkenntnisse zu gewinnen, die technologieoffen zum innovativen Bauen und zur digitalen Entwicklung in der Bauwirtschaft beitragen. Dazu sollen Forschungs-, Entwicklungs- und Modellvorhaben gefördert werden, mit denen neues Wissen in Bezug auf Techniken, Materialien und Verfahren für eine zukunftsweisende und ressourcenschonende Entwicklung im Bauwesen generiert werden. Sie sollen durch möglichst praxisorientierte Anwendung neue Innovationen hervorbringen und anstoßen. Dem Transfer der damit gewonnenen Erkenntnisse und Innovationen in die Praxis kommt dabei ein hoher Stellenwert zu.
ll. Rechtsgrundlagen
Das Land Nordrhein-Westfalen fördert zu diesem Zweck nach Maßgabe dieser Fördergrundsätze und auf der Grundlage der Regelungen der §§ 23 und 44 Landeshaushaltsordnung (LHO), den jeweiligen Verwaltungsvorschriften (VV/VVG) in der jeweils geltenden Fassung sowie den in Nummer Vl. aufgeführten bzw. individuell in den jeweiligen Zuwendungsbescheiden enthaltenden Nebenbestimmungen. Ein Anspruch auf Gewährung einer Förderung besteht nicht, vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
IIl. Gegenstand der Förderung
Gegenstand der Förderung können insbesondere sein:
- Perspektiven und Möglichkeiten für innovative ressourcenschonende Fertigungsverfahren sollen entwickelt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Bauwirtschaft zu sichern und die Grundlage für zukunftsweisende Wirtschaftszweige zu schaffen,
- digital-geprägte Bauverfahren (3D-Druck, Baurobotik, Building Information Modeling u.a.),
- innovative Bauverfahren, die die Effizienz und Effektivität bei der Planung, dem Bau und/oder bei dem Betrieb (einschließlich Nachnutzung und/oder Umnutzung) von baulichen Anlagen erhöhen,
- open-source-Projekte zur Steigerung von Effizienz und Effektivität im Städtebau, bei Planung, Bau und/oder Betrieb von Bauvorhaben,
- Forschung, Entwicklung und/oder Einsatz von ressourcenschonenden Baustoffen und Bauprodukten, bei denen der (erwartbare) CO2-Fußabdruck geringer als bei herkömmlichen Baumaterialen ist,
- Forschung, Entwicklung und/oder Einsatz von Rezyklaten im Hoch- oder Tiefbau (einschließlich Kreislaufwirtschaft),
- Innovation im (Städte-)Bau unter Berücksichtigung von Extremwetterereignissen zur Hebung der Resilienz von Einzelgebäuden, Stadtvierteln oder ganzer Städte oder
- „New Work“ in der Bauwirtschaft im Hinblick auf die in der Bauwirtschaft vertretenen Ausbildungsberufe, Studiengänge und Berufsbilder bzw. mit dem vermehrten Einsatz innovativer Technologien verändert sich das Berufsbild zahlreicher Bauberufe mit Auswirkungen auf die Aus- und Fortbildungsinhalte.
Grundsätzlich gilt, dass Potentiale für Qualitäts- und Effizienzsteigerungen, Kostenreduzierungen und eine Optimierung von Zeiten im Bau durch höhere Produktivität und Ressourceneffizienz ausgeschöpft werden sollen. Das breite Anwendungsspektrum innovativer Technologien in der Bauwirtschaft soll dargestellt werden. Die Auswirkungen der neuen Technologien auf die Arbeitsbedingungen im Bauwesen sollen untersucht werden, da zukünftig automatisierte Technologien immer mehr Gewerke unterstützen werden.
IV. Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfängerin oder Zuwendungsempfänger können insbesondere die am Bau beteiligten Akteure, Gemeinden und Gemeindeverbände, private oder gemeinnützige Organisationen im Land Nordrhein-Westfalen sein. Die Weiterleitung der Zuwendung an Dritte ist grundsätzlich möglich (Nummer 12 VV/VVG zu § 44 LHO).
V. Art und Höhe der Förderung
Eine Zuwendung erfolgt als Projektförderung und wird zweckgebunden als Zuschuss oder Zuweisung in Form der Anteilsfinanzierung nach Maßgabe der §§ 23, 44 LHO zur Deckung von Ausgaben der Zuwendungsempfängerin der oder Zuwendungsempfängers für einzelne, abgrenzbare Vorhaben gewährt. Die Zuwendungen werden als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt.
Zuwendungsfähig sind ausschließlich die unmittelbar durch das Projekt entstehenden zuwendungsfähigen Ausgaben.
Die Zuwendungen werden bei der Bewilligung auf einen Höchstbetrag begrenzt. Die Zuwendung pro Förderprojekt für nicht rückzahlbare Zuschüsse oder Zuweisungen soll 400.000 Euro nicht übersteigen.
Eine Förderung kann entweder auf Grundlage der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO EU 651/2014) oder auf Grundlage der VERORDNUNG (EU) 2020/972 DER KOMMISSION vom 2. Juli 2020 zur Änderung der VERORDNUNG (EU) Nr. 1407/2013 DER KOMMISSION vom 18. Dezember 2013 hinsichtlich ihrer Verlängerung über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen erfolgen. Der Gesamtbetrag der einem einzigen Unternehmen von einem Mitgliedstaat gewährten De-minimis-Beihilfen darf in einem Zeitraum von drei Steuerjahren 200.000 EUR nicht übersteigen.
Für wirtschaftlich Tätige darf die Förderquote pro Förderprojekt für nicht rückzahlbare Zuschüsse folgende Prozentsätze der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben nicht überschreiten:
Kleine Unternehmen1) bis zu 80%
Mittlere Unternehmen1) bis zu 70%
Große Unternehmen1) bis zu 50%
Für Einrichtungen, die nicht wirtschaftlich tätig sind, darf die Förderquote pro Förderprojekt 80% der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben nicht überschreiten.
Gegebenenfalls stellt eine Zuwendung im Rahmen der Fördergrundsätze eine Beihilfe nach Art. 107 Absatz 1 Vertrag über die Arbeitsweise der europäischen Union (AEUV) dar. Dies kann Auswirkungen auf die Höhe der genauen Förderquote haben. Hierzu wird auf die „Ergänzende Informationen zu Beihilferegelungen“ im Anhang verwiesen.
Vl. Nebenbestimmungen
Bestandteil eines Zuwendungsbescheids werden im Falle einer Beantragung auf Ausgabenbasis die „Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P)“ beziehungsweise die „Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gemeinden (ANBest-G)“. Zusätzlich können weitere individuelle Nebenbestimmungen Bestandteil der Zuwendungsbescheide werden.
Vll. Verfahren
Die Antragsunterlagen sind ausschließlich digital als E-Mail mit PDF-Anhang zu richten an:
Den Antragsunterlagen (Projektinhalt, Planung, etc.) sind auch Kosten- und Finanzierungspläne, als aufgegliederte Berechnung der mit dem Zuwendungszweck zusammenhängenden Ausgaben mit einer Übersicht über die beabsichtigte Finanzierung, beizufügen.
Beim Ansatz von Personalausgaben ist das Besserstellungsverbot nach § 28 Absatz 2 des jährlichen Haushaltsgesetzes bzw. die Nummer 1.3 ANBest-I/P zu beachten. Für die diesbezügliche Prüfung der Antragsunterlagen ist die Höhe der zuwendungsfähigen Personalausgaben einzelfallbezogen (ggf. anhand von Personalbedarfsberechnungen und der Einstufung des Personals nach dem TV-L) anzugeben. Eine Selbsterklärung zum Besserstellungsverbot ist in jedem Fall einzureichen.
Anträge können ganzjährig gestellt werden. Grundsätzlich ist die Bewilligung eingereichter Förderanträge bis zur Höhe der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel möglich.
Bewilligungsbehörde ist die Bezirksregierung Düsseldorf. Zuwendungen werden durch schriftlichen Zuwendungsbescheid nach VV Nummer 4 zu § 44 LHO bewilligt. Die ausschließliche Übersendung des Bewilligungsbescheides per E-Mail ist zulässig.
Vlll. Veröffentlichung von Ergebnissen
Zur begleitenden und abschließenden Kontrolle des Erfolgs der zu fördernden Maßnahme ist die Festlegung eines konkreten Ziels erforderlich, welches im Zuwendungsbescheid verbindlich aufgenommen wird. Das Ziel ist so zu wählen, dass es messbar, realistisch umsetzbar und zeitlich terminiert ist. Bestandteil eines jeden Projektes ist die anwendungsgerechte Aufbereitung der gewonnenen Erkenntnisse für die Praxis und die adressatengerechte Kommunikation. Dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen sind – zur Durchführung eines Monitorings – die entsprechenden Auskünfte zu erteilen und die Ergebnisse zur Verwendung zur Verfügung zu stellen.
lX. Allgemeine Bestimmungen
Die Förderung durch das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen ist in der öffentlichen Kommunikation während der Projektdurchführung und nach Fertigstellung dauerhaft in geeigneter Form auszuweisen.
X. Inkrafttreten und Außerkraftteten
Diese Fördergrundsätze gelten ab der Bekanntgabe und ersetzen die „Fördergrundsätze ‚Digitalisierung der Bauwirtschaft und innovatives Bauen‘ des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung (Veröffentlichungsnummer B-385)“, die damit außer Kraft treten.
Ergänzende Informationen zu Beihilferegelungen
Gegebenfalls stellt eine Zuwendung im Rahmen der Fördergrundsätze „Innovation im Bau“ eine Beihilfe nach Artikel 107 Absatz 1 Vertrag über die Arbeitsweise der europäischen Union (AEUV) dar. Nach dem Grundsatz des fairen Wettbewerbs zwischen den Unternehmen innerhalb der Europäischen Union soll kein Unternehmen gegenüber Wettbewerbern dadurch bessergestellt werden, dass der Staat es mit Haushaltsmitteln unterstützt. Eine beantragte Förderung könnte als Beihilfe somit mit dem Grundsatz eines fairen Wettbewerbs im europäischen Binnenmarkt unvereinbar sein.
Eine Beihilfe kann ausnahmsweise mit dem Binnenmarkt vereinbar sein, wenn (1.) die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) oder (2.) die Regelungen nach der De-minimis-Verordnung anwendbar sind oder durch die Kommission genehmigt wurden.
Die nachfolgenden Regelungen sind bei der Antragstellung sowie der Aufstellung der Ausgaben zu berücksichtigen.
1. Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO)
Nach Artikel 3 der AGVO sind Beihilfen im Sinne des Artikels 107 Absatz 2 oder 3 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar und von der Anmeldepflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV freigestellt, sofern diese Beihilfen alle Voraussetzungen des Kapitels I der AGVO sowie die für die betreffende Gruppe von Beihilfen geltenden Voraussetzungen des Kapitels III erfüllen.
Konkret bedeutet dies, dass ein Förderantrag vor dem Beginn der geplanten Maßnahme eingereicht wird (Artikel 6 Absatz 2 AGVO). Mit dem Förderantrag ist zudem eine Erklärung nach Artikel 1 Absatz 4 AGVO abzugeben. Dadurch erklärt das Unternehmen, dass es keiner Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren Beschlusses der Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit/Unvereinbarkeit einer Beihilfe nicht nachgekommen ist. Ferner dürfen keine Beihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten (Legaldefinition unter Artikel 2 Nummer 18 AGVO) gewährt werden.
Nach Artikel 25 AGVO können Beihilfen für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben bis zu einer näher zu bestimmenden Beihilfeintensität gefördert werden. Die Beihilfeintensität der beihilfefähigen Ausgaben staffelt sich wie folgt:
Grundlagenforschung
100% (nach diesen Fördergrundsätzen auf 80% beschränkt)
Industrielle Forschung
50%
Experimentelle Entwicklung
25%
Durchführbarkeitsstudien
50%
Die Beihilfeintensität für industrielle Forschung und experimentelle Entwicklung kann wie folgt auf maximal 80% der beihilfefähigen Kosten erhöht werden:
- um 10% bei mittleren
- und 20% bei kleinen Unternehmen sowie
um weitere 15%, wenn die Ergebnisse des Vorhabens durch Konferenzen, Veröffentlichungen, Open-Access-Repositorien oder durch gebührenfrei Software oder Open-Source-Software veröffentlicht werden.
Die Beihilfeintensität für Durchführbarkeitsstudien kann bei mittleren Unternehmen um 10% und bei kleinen Unternehmen um 20% erhöht werden.
Es können nur Ausgaben zur Ermittlung der Höhe der Beihilfe berücksichtigt werden, die während der Dauer des Projekts anfallen und konkret dem Projekt zuzuordnen sind (zum Beispiel Personalkosten). Beihilfefähig sind Ausgaben für Anschaffungen, soweit und solange sie für das Vorhaben genutzt werden. Werden diese Anschaffungen nicht während ihrer gesamten Lebensdauer für das Projekt verwendet, gilt nur die nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ermittelte Wertminderung als beihilfefähig. Dies gilt ebenso für die Ausgaben für etwaige Gebäude und Grundstücke. Die Beihilfe unterliegt zudem den Veröffentlichungs- und Informationspflichten gegenüber der Kommission und der Öffentlichkeit nach Art. 9 AGVO.
2. De-minimis-Verordnung
Nach der De-minimis-Verordnung dürfen Beihilfen (unabhängig vom Zweck) an ein Unternehmen 200.000 Euro innerhalb von drei Steuerjahren nicht übersteigen. Eine De-minimis-Beihilfe ist gegenüber der EU-Kommission nicht berichtspflichtig und bedarf keiner Genehmigung. Zur Ermittlung des Zeitraumes ist auf den Bewilligungszeitpunkt abzustellen. Daher ist dem Förderantrag eine entsprechende De-minimis-Erklärung abzugeben, in der alle erhaltenen Beihilfen anzugeben sind.
Bei einer Förderung nach der De-minimis-Verordnung gelten grundsätzlich die unter „V. Art und Höhe der Förderung“ genannten Förderquoten.
1) für die Bestimmung der Größe der Unternehmen gilt in allen Fällen die Definition des Anhangs I der AGVO