Richtlinie
Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der ehrenamtlichen Tätigkeit von Integrationslotsen (Integrationslotsen-Richtlinie)
RdErl. des MS vom 28. Juli 2022 – 55.4-48002
[geändert durch RdErl. des MS vom 11. Oktober 2023 – 55-48102]
Bezug: RdErl. des MI vom 26. November 2015 (MBl. LSA S. 748)
1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlagen
1.1 Das Land Sachsen-Anhalt gewährt Zuwendungen für die ehrenamtliche Tätigkeit von Integrationslotsen nach Maßgabe dieser Richtlinie und
a) der §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung des Landes Sachsen-Anhalt vom 30. April 1991 (GVBl. LSA S. 35), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 3. April 2023 (GVBl. LSA S. 201, 204), in der jeweils geltenden Fassung,
b) der Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung (VV-LHO, RdErl. des MF vom 1. Februar 2001, MBl. LSA S. 241, zuletzt geändert durch RdErl. vom 22. Mai 2023, MBl. LSA S. 198, in der jeweils geltenden Fassung),
c) des Zuwendungsrechtsergänzungserlasses (RdErl. des MF vom 6. Juni 2016, MBl. LSA S. 383, geändert durch RdErl. vom 28. September 2022, MBl. LSA S. 510, in der jeweils geltenden Fassung).
1.2 Neben der hauptamtlichen sozialen Beratung, Begleitung und Betreuung von drittstaatsangehörigen Ausländern – insbesondere von Asylsuchenden, Geduldeten und aufgrund eines Asylverfahrens Schutzberechtigten – sowie von EU-Bürgern mit Unterstützungsbedarf bildet ehrenamtliches Engagement eine wichtige Säule für die Orientierung im Lebensalltag. Die Einbindung der einheimischen Bevölkerung in die Betreuung, Beratung und Begleitung, insbesondere der in Wohnungen untergebrachten Ausländer sowie der sonstigen drittstaatsangehörigen Ausländer und EU-Bürger mit entsprechendem Unterstützungsbedarf, ist wichtiger Bestandteil einer Willkommenskultur. Ehrenamtliche Integrationslotsen sollen der in Satz 1 und 2 genannten Zielgruppe im Alltagsleben erforderliche Hilfestellungen geben und die gesellschaftliche Teilhabe verbessern. Die Tätigkeit der Integrationslotsen soll einen oder mehrere der folgenden Lebensbereiche umfassen:
a) Unterstützung bei Wohnungssuche, Umzug, Ausstattung der Wohnung, Kommunikation mit Vermietern (etwa hinsichtlich Hausordnung, Wohnungsmängelbeseitigung, Hausmülltrennung und Umgang mit Nachbarn),
b) Orientierung am Wohnort, insbesondere Begleitung bei Arztbesuchen, bei Behördengängen und Unterstützung bei der Kommunikation mit Behörden, Unterstützung beim Einkauf, beim Kita-, Hort- und Schulbesuch sowie Hausaufgabenhilfe,
c) Unterstützung hinsichtlich der Mobilität (Benutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs und Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr), Unterstützung und Begleitung bei der Teilhabe an kulturellen, sportlichen oder gemeinnützigen Angeboten sowie gemeinsame Freizeitaktivitäten, eigene Mitgestaltung von Begegnungs- und Freizeitformaten und bei der Selbstorganisation in Vereinen in der Nähe des Wohnorts,
d) Unterstützung bei der Suche nach einem Praktikums-, Ausbildungs- oder Arbeitsplatz (einschließlich Bewerbungen, Vorstellungsgespräche und Kommunikation mit Arbeitgebern) sowie bei sonstigen Plänen der Existenzgründung,
e) Unterstützung bei Familiennachzug,
f) Unterstützung zur Sprachförderung,
g) Hilfe in Vertragsangelegenheiten (auch bei Banken und Versicherungen) sowie in Steuerangelegenheiten,
h) Vermittlung und Begleitung zu hauptamtlichen Beratungsstellen (etwa bei Scheidung, Schulden, Sucht),
i) Unterstützung bei besonderen Förderbedarfen (etwa bei Behinderung),
j) Hilfe bei muttersprachlichen Übersetzungen (Sprachmittlung),
k) Begleitung bei Gerichts- und Behördenterminen (insbesondere bei Terminen bei Polizeidienststellen, soweit dies im Rahmen der ehrenamtlichen Tätigkeit zulässig ist).
1.3 Mit den Zuwendungen wird das Ziel verfolgt, die Landkreise und kreisfreien Städte beim Einsatz, bei der Gewinnung, Qualifizierung und Koordinierung von ehrenamtlich tätigen Integrationslotsen zu unterstützen.
1.4 Ein Anspruch auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht, die Bewilligungsbehörde entscheidet aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
2. Gegenstand der Förderung
Folgende Maßnahmen von Zuwendungsempfängern sollen gefördert werden:
a) der Einsatz und die Tätigkeit der ehrenamtlichen Lotsen gemäß Nummer 1.2,
b) die Gewinnung und Qualifizierung von ehrenamtlichen Integrationslotsen, sowie
c) die notwendigen Sachkosten bei der Anleitung und Koordinierung der ehrenamtlichen Integrationslotsen.
3. Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger sind die Landkreise und kreisfreien Städte.
4. Zuwendungsvoraussetzungen
4.1 Betreuungskonzept
Voraussetzung für die Unterstützung ist die Vorlage eines Betreuungskonzeptes, welches unter Berücksichtigung der Wohnsituation sowie der Unterbringungskonzeption des jeweiligen Zuwendungsempfängers insbesondere folgende Inhalte aufweist:
a) Darlegung des Bedarfs an ehrenamtlicher Lotsentätigkeit,
b) Ziele und Inhalt der ehrenamtlichen Arbeit und der vorgesehenen Maßnahmen,
c) Verfahren zur Gewinnung und Qualifizierung von ehrenamtlich Tätigen,
d) Maßnahmen zu deren sachgerechter Anleitung, Koordinierung und Vernetzung.
Eine Anpassung oder Weiterentwicklung des Konzeptes nach Antragstellung ist in Abstimmung mit der Bewilligungsbehörde möglich, insbesondere um veränderte Bedarfe und Unterbringungssituationen zu berücksichtigen.
4.2 Aufwandsentschädigung der Lotsen
Aufwandsentschädigungen an die ehrenamtlichen Integrationslotsen sind nach Maßgabe einer gemäß § 35 Abs. 2 des Kommunalverfassungsgesetzes zu erlassenden Satzung möglich.
5. Art, Umfang und Höhe der Zuwendung
5.1 Die Zuwendung wird als nicht rückzahlbarer Zuschuss im Rahmen einer Projektförderung gewährt.
5.2 Ein Zuwendungsempfänger kann bei Erfüllung der Voraussetzungen grundsätzlich einen Sockelbetrag in Höhe von 25.000 Euro erhalten. Zusätzlich kann eine Zuwendung im Verhältnis der regionalen Verteilung der ausländischen Bevölkerung zu der im jeweiligen Haushaltsjahr für die Förderung nach Vorweggewährung nach Satz 1 verbleibenden zur Verfügung stehenden Gesamtsumme beantragt werden.Die Berechnung erfolgt auf der Grundlage der Daten des Ausländerzentralregisters nach dem AZR-Gesetz vom 2. September 1994 (BGBl. I S. 2265), zuletzt geändert durch Artikel 5c des Gesetzes vom 23. Mai 2022 (BGBl. I S. 760, 765), in der jeweils geltenden Fassung. Soweit nicht alle Zuwendungsempfänger die zur Verfügung stehenden Mittel in Anspruch nehmen, können verbleibende Restmittel bei Bedarf für Zuwendungsempfänger, welche die Zuwendungsvoraussetzungen nach Nummer 4 erfüllen und zusätzliche Bedarfe geltend machen, verwendet werden. Als Stichtag wird der 31. März festgelegt. Nach diesem Stichtag eingehende Anträge von Zuwendungsempfängern, die ihre Quote nach der regionalen Verteilung der ausländischen Bevölkerung zunächst nicht vollständig ausgeschöpft haben, können dann nicht mehr berücksichtigt werden, wenn die zusätzlichen Bedarfe anderer Zuwendungsempfänger nach dem benannten Verfahren die zur Verfügung stehenden Mittel ausgeschöpft haben.
5.3 Die Zuwendung erfolgt in Höhe von bis zu 100 v.H. der zuwendungsfähigen Ausgaben. Es besteht ein erhebliches Interesse des Landes am zügigen und möglichst flächendeckenden Einsatz ehrenamtlicher Betreuungskräfte zur Gewährleistung einer gelingenden Integration. Zudem besteht ein erhebliches Landesinteresse, diese Hilfsangebote auch für EU-Bürger und sonstige Drittstaatenangehörige bei einem vergleichbaren Unterstützungsbedarf zu fördern.
5.4 Zuwendungsfähig sind die im direkten Zusammenhang mit dem Projekt stehenden notwendigen Personal-, Sach- und Verwaltungsausgaben der Zuwendungsempfänger, insbesondere der Ersatz von Auslagen oder die Gewährung angemessener Aufwandsentschädigungen an ehrenamtlich Tätige, die erst durch das Projekt ausgelöst werden und ohne das Projekt des Zuwendungsempfängers nicht entstehen würden und die unter Anlegung eines strengen Maßstabes für eine sparsame, wirtschaftliche und zweckmäßige Erlangung des Zuwendungszwecks notwendig sind.
6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen
6.1 Die Zuwendungsempfänger sind verpflichtet, an geeigneter Stelle darauf hinzuweisen, dass das Projekt mit Mitteln des Ministeriums gefördert wird.
6.2 Der Einsatz ehrenamtlicher Integrationslotsen ist, zum Beispiel durch Überreichung von Urkunden an die ehrenamtlich Tätigen, besonders zu würdigen. Das Ministerium ist über entsprechende Veranstaltungen rechtzeitig zu informieren und gegebenenfalls zu beteiligen.
7. Anweisungen zum Verfahren
7.1 Der Antrag ist beim Landesverwaltungsamt, Referat 207, Kühnauer Straße 161, 06846 Dessau-Roßlau, als Bewilligungsbehörde einzureichen. Dem Antrag sind zusätzlich zu den unter Nummer 3 der Verwaltungsvorschriften für Zuwendungen an Gebietskörperschaften in der Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts aufgeführten Antragsunterlagen folgende Unterlagen beizufügen:
a) Betreuungskonzept gemäß Nummer 4.1 und
b) gegebenenfalls das Ergebnis der Prüfung durch die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde gemäß Nummer 4.2.
7.2 Die Zuwendungsempfänger haben dem Landesverwaltungsamt jeweils bis zum 15. März des Folgejahres die zweckgerechte Mittelverwendung für das Haushaltsjahr durch einen Verwendungsnachweis (Sachbericht und zahlenmäßiger Nachweis gemäß Nummer 6.4 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gebietskörperschaften in der Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (ANBest-Gk, Anlage der VV-Gk) nachzuweisen. Der Sachbericht der Zuwendungsempfänger soll insbesondere folgende Angaben enthalten:
a) Angaben zur konkreten ehrenamtlichen Tätigkeit der eingesetzten Integrationslotsen,
b) Angaben zur Anzahl der eingesetzten Integrationslotsen und zu den Gemeinden und Ortschaften oder bei kreisfreien Städten Stadtteilen, in denen diese eingesetzt wurden,
c) die Anzahl der betreuten Ausländer,
d) die Maßnahmen zur Anleitung, Weiterbildung und Koordinierung der Integrationslotsen.
Das Landesverwaltungsamt berichtet dem Ministerium hierzu bis zum 7. April des entsprechenden Folgejahres.
7.3 Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften für Zuwendungen an Gebietskörperschaften in der Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, soweit nicht in dieser Richtlinie Abweichungen zugelassen worden sind.
8. Sprachliche Gleichstellung
Personen- und Funktionsbezeichnungen in diesem RdErl. gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.
9. Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Dieser RdErl. tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft. Gleichzeitig tritt der Bezugs-RdErl. außer Kraft.