Richtlinie
Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Integration von Migrantinnen und Migranten, zur Flüchtlingshilfe sowie zur interkulturellen Öffnung (Integrationsförderrichtlinie)
Erl. des MS vom 21.9.2020 – 55-48104
[geändert durch Erl. des MS vom 6. September 2023 – 55-48104]
Bezug: a) RdErl. des MI vom 1.8.2014 (MBl. LSA S. 335)
b) RdErl. des MS vom 19.5.2015 (MBl. LSA S. 281)
1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlagen
1.1 Das Land Sachsen-Anhalt gewährt Zuwendungen zur Integration von Migrantinnen und Migranten, zur Flüchtlingshilfe und zur interkulturellen Öffnung nach Maßgabe dieser Richtlinie, der §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung des Landes Sachsen-Anhalt (LHO) vom 30.4.1991 (GVBl. LSA S. 35), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 3.4.2023 (GVBl. LSA S. 201), in der jeweils geltenden Fassung sowie der dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung (VVLHO, RdErl. des MF vom 1.2.2001, MBl. LSA S. 241, zuletzt geändert durch RdErl. vom 22.5.2023, MBl. LSA S. 198 in der jeweils geltenden Fassung) sowie nach Maßgabe des Zuwendungsrechtsergänzungserlasses (RdErl. des MF vom 6.6.2016, MBl. LSA S. 383, zuletzt geändert durch RdErl. vom 28. September 2022, MBl. LSA S. 510, in der jeweils geltenden Fassung).
1.2 Ein Anspruch auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht, die Bewilligungsbehörde entscheidet aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
2. Gegenstand der Förderung
2.1 Gefördert werden Projekte und Maßnahmen in Sachsen-Anhalt, die der Integration von Migrantinnen und Migranten, der Flüchtlingshilfe sowie der interkulturellen Öffnung dienen.
2.2 Gefördert werden Projekte und Maßnahmen
a) zur Information, Beratung und Unterstützung von Migrantinnen und Migranten, insbesondere geflüchteter Menschen;
b) zur Verbesserung von Selbstorganisation, Partizipation, Integration und Qualifizierung von Migrantinnen und Migranten sowie geflüchteten Menschen;
c) zur Förderung interkultureller Begegnung und Verständigung;
d) zur interkulturellen Bildung und Öffnung von Organisationen, Einrichtungen und sozialen Diensten;
e) zur Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus;
f) zur Förderung einer lokalen Willkommens- und Anerkennungskultur für Zugewanderte und geflüchtete Menschen;
g) zur Förderung von Dialogformaten innerhalb der Aufnahmegesellschaft sowie
h) zur gezielten Förderung der Integration von Migrantinnen und migrantischen Familien1.
2.3 Gefördert werden können auch Projekte, die zur Vorbereitung auf die Anforderungen der Arbeitswelt dienen und die von der Arbeitsverwaltung nicht finanziert werden. Gleiches gilt für Maßnahmen zur Stärkung der sprachlichen Kompetenz und Sprachanwendung, soweit sie nicht gesetzlich geregelt sind, wie beispielsweise Konversationskurse oder Sprachcafes.
3. Zuwendungsempfangende
Zuwendungsempfangende sind
a) juristische Personen des öffentlichen Rechts, sofern sie nicht unmittelbar Bestandteil der Landesverwaltung sind, also rechtlich und wirtschaftlich eigenständig wirken,
b) juristische Personen des Privatrechts mit Sitz oder Betriebsstätte in Sachsen-Anhalt, insbesondere auf dem Gebiet der Integrationsarbeit tätige gemeinnützige Vereine und Verbände sowie Migrantenorganisationen sowie
c) sonstige Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform mit Sitz oder Betriebsstätte in Sachsen-Anhalt.
Bei Förderung von Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit ist im Zuwendungsbescheid festzulegen, welche Person dem Land für die sachgerechte Verwendung der Zuwendung haftet. Die Zuwendungsempfangenden müssen die Eignung für eine sachgerechte und erfolgreiche Projektdurchführung besitzen. Kriterien für die Bewertung sind insbesondere die fachliche Qualität und Zuverlässigkeit sowie die Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Sofern Zuwendungsempfangende tariflichen Bestimmungen unterliegen, sind diese einzuhalten. Natürliche Personen ohne Unternehmereigenschaft sind von der Förderung ausgeschlossen.
4. Zuwendungsvoraussetzungen
4.1 Interkulturelle Kompetenz und Mehrsprachigkeit sowie die Bereitschaft zur Vernetzung sind Qualitätskriterien in der Integrationsarbeit und werden daher bei der Förderentscheidung als Kompetenzmerkmal der Antragstellerin oder des Antragstellers berücksichtigt.
4.2 Die Trägervielfalt soll weiterentwickelt werden. Dabei soll das Ziel der Stärkung von Selbstorganisationen und Partizipation besonders berücksichtigt werden. Besonders förderwürdig sind daher auch Kooperationsprojekte mit und zwischen Migrantenorganisationen sowie Projekte, die aus kommunalen Netzwerkstrukturen heraus entstanden sind.
4.3 Die Inhalte der Projekte müssen den in Nummer 2.2 oder 2.3 genannten Projekten und Maßnahmen entsprechen. Die Projektträger müssen im Antragsformular eine geeignete Auswahl unter den vorgegebenen Indikatoren treffen, an denen sich die Projektergebnisse qualitativ oder quantitativ messen lassen. Die Indikatoren sind im Bewilligungsbescheid festzulegen.
5. Art, Umfang und Höhe der Zuwendung
5.1 Zuwendungsart
Die Zuwendung wird als Projektförderung gewährt.
5.2 Finanzierungsart
Die Zuwendung wird im Wege der Anteilsfinanzierung gewährt.
Der Förderrahmen beträgt bis zu 85 v.H. der zuwendungsfähigen Ausgaben. Der Förderbetrag ist auf höchstens 70.000 Euro begrenzt. Zweckgebundene Drittmittel, die nicht aus Zuwendungen anderer öffentlicher Mittelgeber stammen, können vollständig dem Eigenanteil des Zuwendungsempfangenden zugerechnet werden. Alle Drittmittel sind detailliert nach ihrer Herkunft im Antragsformular darzustellen. In besonders begründeten Einzelfällen kann die Bewilligungsbehörde mit der Zustimmung des Ministeriums Ausnahmen von Satz 1 und 2 zulassen. Zuwendungsempfangende, die Gebietskörperschaften oder deren Zusammenschlüsse in der Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts sind, haben aber stets einen Eigenanteil von mindestens 10 v.H. der zuwendungsfähigen Ausgaben zu erbringen.
5.3 Form der Zuwendung
Die Zuwendung wird in Form eines nicht rückzahlbaren, zweckgebundenen Zuschusses gewährt.
5.4 Bemessungsgrundlagen
5.4.1 Zuwendungsfähige Ausgaben sind die notwendigen Personal- und Sachausgaben und die allgemeinen Verwaltungsausgaben, die unter Anlegung eines strengen Maßstabes für eine sparsame und wirtschaftliche Erlangung des Zuwendungszwecks notwendig sind und der Antragstellerin oder dem Antragsteller erst durch das Projekt entstehen.
5.4.2 Soweit ein Projekt von mehreren öffentlich-rechtlichen Zuwendungsgebenden gefördert wird, stellen die Bewilligungsbehörden Einvernehmen über die zuwendungsfähigen Ausgaben und die Höhe ihrer jeweiligen Finanzierungsanteile her.
Die Anwendung einer vom Hauptzuwendungsgeber vorgesehenen vereinfachten Kostenoption (Pauschalierung) ist möglich, wenn das Projekt aus EU-Strukturfondsmitteln finanziert wird und die Pauschalierung auf den dafür geltenden EU-Vorschriften basiert.
5.4.3 Bei der Bemessung des Eigenanteils können unbare Eigenarbeitsleistungen unter den in Abschnitt 4 des Zuwendungsrechtsergänzungserlasses genannten Voraussetzungen bei zuwendungsfähigen Ausgaben anerkannt werden. Die Anerkennung der Eigenarbeitsleistungen darf nur auf den vom Zuwendungsempfangenden zu erbringenden Eigenanteil angerechnet werden.
6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen
6.1 Die Durchführung des Projektes ist inklusiv auszurichten und sicherzustellen, dass ein barrierefreier Zugang für alle Teilnahmeinteressierten ermöglicht wird.
6.2 Die Zuwendungsempfangenden sind verpflichtet, an geeigneter Stelle darauf hinzuweisen, dass das Projekt mit Mitteln des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt gefördert wird.
6.3 Die Zuwendungsempfangenden lokal umgesetzter Projekte sind verpflichtet, für die Dauer des Projektes im lokalen Netzwerk für Integration mitzuarbeiten.
7. Anweisung zum Verfahren
7.1 Allgemeine Bestimmungen
7.1.1 Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendungen sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die VV zu § 44 LHO, soweit nicht nach dieser Richtlinie Abweichungen zugelassen sind. Bei Zuwendungen an Gebietskörperschaften und deren Zusammenschlüsse sind im Besonderen die Verwaltungsvorschriften für Zuwendungen an Gebietskörperschaften und Zusammenschlüsse von Gebietskörperschaften in der Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (VV-Gk, Anlage 2 zur VV Nr. 5.1 zu § 44 LHO) anzuwenden.
7.1.2 Die Bewilligungsbehörde begleitet das Projekt bei der Umsetzung, überprüft dessen Wirksamkeit in Bezug auf die Förderziele und fördert den Prozess der Qualitätsentwicklung.
7.2 Antragsverfahren
7.2.1 Anträge auf Bewilligung einer Zuwendung sollen vor Projektbeginn, bis zum 31.10. des dem Projektbeginn vorangehenden Jahres, an die Bewilligungsbehörde gerichtet werden.
7.2.2 Für die Antragstellung ist das Antragsformular zu verwenden. Dieses ist abrufbar auf der Internetseite http://www.integriert-in-sachsen-anhalt.de.
7.2.3 Die Zuwendungsanträge müssen folgende Angaben enthalten:
a) die genaue Bezeichnung des Maßnahmeträgers;
b) eine Beschreibung des Projektes mit Festlegung seiner konkreten Ziele sowie der Benennung von Indikatoren, die einen Rückschluss auf die Zielerreichung ermöglichen;
c) bei lokal ausgerichteten Projekten eine Stellungnahme der kommunalen Koordinierungsstelle für Migration, die insbesondere erläutern soll, wie sich das Projekt in sonstige Fördermaßnahmen im Landkreis oder in der kreisfreien Stadt einfügt;
d) die Kosten- und Finanzierungspläne für den gesamten beantragten Förderzeitraum.
7.3 Bewilligungsverfahren
7.3.1 Bewilligungsbehörde ist das Landesverwaltungsamt.
7.3.2 Die Bewilligungsbehörde prüft den Antrag und entscheidet nach Abstimmung mit der oder dem Integrationsbeauftragten der Landesregierung über die Förderung.
8. Nachweis der Verwendung
8.1 Die Verwendung der Zuwendung ist innerhalb von sechs Monaten nach Erfüllung des Zuwendungszwecks, spätestens jedoch mit Ablauf des sechsten auf den Bewilligungszeitraum folgenden Monats der Bewilligungsbehörde nachzuweisen. Der Verwendungsnachweis besteht aus einem Sachbericht und einem zahlenmäßigen Nachweis. Bei Förderungen, bei denen eine Pauschalierung gemäß Nummer 5.4.2 zugelassen ist, wird für die unter die Pauschale fallenden Ausgaben auf den Nachweis der tatsächlich geleisteten Ausgaben im zahlenmäßigen Nachweis verzichtet. In diesen Fällen erfolgt der Nachweis über die korrekte Anwendung der Pauschalierungsmethode gemäß den Vorgaben der weiteren Zuwendungsgeber.
8.2 In dem zahlenmäßigen Nachweis sind die tatsächlich angefallenen Personal- und Sachausgaben einschließlich der allgemeinen Verwaltungsausgaben sowie alle mit dem geförderten Zweck zusammenhängenden Einnahmen nachzuweisen. Eine eventuelle Erhöhung der Deckungsmittel oder neu hinzutretende Deckungsmittel sind anzugeben.
Für den Nachweis der Ausgaben ist, anstelle der Belege, die Belegliste gemäß Abschnitt 2 Nr. 6.3 des Zuwendungsrechtsergänzungserlasses zugelassen, in der alle Zahlungen mit Rechnungsdatum und Zahlungszweck enthalten sein müssen. Anhand der Belegliste hat die Bewilligungsbehörde eine angemessene, auf alle Ausgabenarten bezogene Stichprobenauswahl von Ausgaben vorzunehmen, für die vom Zuwendungsempfangenden Rechnungsbelege und Zahlungsnachweise zur Prüfung abgefordert oder gegebenenfalls vor Ort eingesehen werden. Für die nach Nummer 5.4.3 anerkannten Eigenarbeitsleistungen sind als Nachweis der zuwendungsfähigen Eigenarbeitsleistungen im Verwendungsnachweis die Art der jeweiligen Leistung, deren Bewertung sowie die hierfür geleisteten Stunden darzustellen.
9. Prüfrechte
Die Bewilligungsbehörde ist berechtigt, Bücher und sonstige Geschäftsunterlagen sowie die Verwendung der Zuwendung vor Ort zu prüfen oder durch Beauftragte überprüfen zu lassen. Das gemäß § 91 der Landeshaushaltsordnung des Landes Sachsen-Anhalt bestehende Prüfrecht des Landesrechnungshofes bleibt hiervon unberührt.
10. Beihilferechtliche Regelungen
10.1 Fördervorhaben, bei denen Unternehmen (wirtschaftlich tätige Einheiten) Zuwendungsempfangende sind, werden als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (DAWI) auf der Grundlage des Beschlusses 2012/21/EU der Kommission vom 20. Dezember 2011 über die Anerkennung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind (ABl. L 7 vom 11.1.2012, S. 3) von der Notifizierung freigestellt.
10.2 Im Rahmen der Betrauung wird durch die Projektträger als Instrument der Integrationsförderung eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erbracht. Für die Erbringung dieser Dienstleistung erhalten die Projektträger vom Land Sachsen-Anhalt Ausgleichsleistungen. Die Höhe der erforderlichen Ausgleichsleistung an die Maßnahmeträger richtet sich nach Artikel 5 des Beschlusses 2012/21/EU.
Die Bewilligungsbehörde legt im Betrauungsakt (Zuwendungsbescheid) Maßnahmen zur Vermeidung und Rückforderung von Überkompensationszahlungen fest. Eine Kontrolle findet im Zuge der Prüfung der von den Zuwendungsempfangenden im Rahmen der Mittelabforderungen und Verwendungsnachweise zu erbringenden Nachweise statt.
10.3 Soweit ein Projekt von mehreren öffentlich-rechtlichen Zuwendungsgebenden gefördert wird, verständigen sich die Zuwendungsgebenden im Zuge der Einvernehmensherstellung übder die beihilferechtliche Einordnung des Vorhabens einschließlich der gegebenenfalls anzuwendenden Freistellungsgrundlage.
11. Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Dieser Erl. tritt am 1.1.2021 in Kraft. Gleichzeitig treten die Bezugs-RdErl. zu a und b außer Kraft.
1) Familie im Sinne der Vorschrift ist die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes umfassende Lebens- und Erziehungsgemeinschaft von Eltern und ihren Kindern.