Richtlinie
Neufassung der Richtlinie „Landesprogramm Kinderschutz“
[Vom 28. Juli 2022]
1 Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
1.1 Zweck der Förderung ist die Stärkung der Gesamtverantwortung der Jugendhilfe für einen präventiven, kooperativen und inklusiven Kinderschutz in Thüringen, seine kontinuierliche Qualitätsentwicklung und die Koordinierung für eine breite strukturelle Zusammenarbeit aller potentiellen Partner.
Rechtliche Grundlagen hierfür sind das Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG), die §§ 8, 8a, 8b, 79, 79a, 85 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) i.V.m. § 19 Thüringer Kindergartengesetz (und der § 20 Abs. 1–4 Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetz).
1.2 Zu diesem Zweck gewährt das Land nach Maßgabe dieser Richtlinie, der §§ 23, 44 Thüringer Landeshaushaltsordnung (ThürLHO) und den dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften sowie des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) in Verfolgung der Ziele der §§ 82 und 85 SGB VIII den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe Zuwendungen. Des Weiteren werden Projekte und Angebote von überörtlicher fachlicher Bedeutung finanziert.
1.3 Zielerreichungskontrolle Zur Umsetzung der Verwaltungsvorschrift zu § 23 ThürLHO – Zielerreichungskontrolle (Controlling) – sollen mit der Förderung nachfolgende Ziele erreicht werden:
a) Stärkung und Weiterentwicklung verbindlicher Strukturen der Zusammenarbeit der zuständigen Leistungsträger und Institutionen im Bereich der Frühe Hilfen und des Kinderschutzes durch die Verstetigung und bedarfsgerechte personelle Absicherung der Netzwerkkoordination Frühe Hilfen und Kinderschutz
b) Weiterentwicklung des Qualitätsprozesses in den Frühen Hilfen und im Kinderschutz beim örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe unter Einbeziehung des Inklusionsauftrages inklusive Darstellung entsprechender Qualitätsstandards und Bewertungsmaßstäbe sowie Unterstützung bei der gesetzlich geforderten regelhaften Überprüfung der aufgestellten Grundsätze und Maßstäbe zur Bewertung der Qualität im Kinderschutz
c) Fortbildungsangebote für Fachkräfte zur Umsetzung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung für alle öffentlichen und freien Träger der Jugendhilfe, für Kooperationspartner in den regionalen Netzwerken für Frühe Hilfen und Kinderschutz in Umsetzung von §§ 8a, 8b SGB VIII und § 4 KKG sowie für ehrenamtlich Tätige in kinderschutzrelevanten Bereichen unter Berücksichtigung der besonderen Bedarfe von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen.
1.3.1 Die Umsetzung der Ziele nach Nr. 1.3 erfolgt vorrangig durch die unter Nr. 2.1 benannten Projekte und Angebote entsprechend der örtlichen Bedarfe im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung und der einschlägigen Jugendhilfeplanung durch die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe.
1.3.2 Zur Überprüfung der Erreichung der Ziele der Landesförderung nach Nr. 1.3 dieser Richtlinie werden auf der Landesebene folgende Indikatoren festgelegt:
a) Netzwerkkoordination Frühe Hilfen und Kinderschutz
- Anzahl der Beschäftigten mit Arbeitszeitanteilen in der Netzwerkkoordination
- Nachweis der Verortung in der Jugendhilfeplanung nach § 80 SGB VIII
b) Weiterentwicklung der Qualitätsprozesse in den Frühen Hilfen und im Kinderschutz
- Anzahl und Art der Maßnahmen der Qualitätsentwicklung in den Landkreisen und kreisfreien Städten
- Darstellung der Qualitätsentwicklung im inklusiven Kinderschutz
c) Fortbildungsangebote zur Umsetzung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung
- Anzahl und Inhalt der Fortbildungsangebote
- Anzahl und Inhalt der Fortbildungen zur Inklusion
- Darstellung der neuen Zielgruppen
1.4 Ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht. Vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde auf Grund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
2 Gegenstand der Förderung
2.1 Die Förderung umfasst folgende örtliche Maßnahmen:
a) Netzwerke für Frühe Hilfen und Kinderschutz Der Einsatz von fachlich qualifiziertem Personal zur Koordination der regionalen Netzwerke Frühe Hilfen und Kinderschutz. Gefördert werden Personal-, Sach- und Fortbildungskosten.
b) Qualitätsentwicklung im Bereich des Kinderschutzes Maßnahmen der Qualitätsentwicklung- und -sicherung gemäß § 79a SGB VIII im Bereich des inklusiven Kinderschutzes bei den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe sowie Maßnahmen zur Weiterentwicklung etablierter Netzwerkstrukturen.
Gefördert werden Sach- und Fortbildungskosten.
c) Fortbildungsangebote zum Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung Unterstützung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der Umsetzung von Fortbildungsangeboten insbesondere für
- Fachkräfte und Personen, die in Umsetzung des Schutzauftrages beruflich mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt stehen nach §§ 8a, 8b SGB VIII und § 4 KKG
- für ehrenamtlich Tätige zum Kinderschutz
- Berücksichtigung der besonderen Bedarfe von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung
Gefördert werden Sachkosten.
2.2 Förderfähig sind Projekte und Angebote von überörtlicher fachlicher Bedeutung der Frühen Hilfen und des Kinderschutzes. Gefördert werden Personal-, Sach- und Fortbildungskosten.
2.3 Nicht förderfähig sind Ausgaben für Kinder- und Jugendschutzdienste und Investitionen. Ausgeschlossen ist auch die Förderung von Maßnahmen, die nach der Richtlinie zum Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“ (Richtlinie LSZ) förderfähig sind.
3 Zuwendungsempfänger
3.1 Zuwendungsempfänger für Maßnahmen nach Nr. 2.1 sind die Landkreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe.
3.2 Zuwendungsempfänger für Maßnahmen nach Nr. 2.2 sind Träger der freien Jugendhilfe oder sonstige juristische und natürliche Personen.
4 Zuwendungsvoraussetzungen
4.1 Die fachlichen Empfehlungen des Landesjugendhilfeausschusses für die jeweiligen Förderbereiche sollen berücksichtigt werden.
4.2 Die Förderung von Personen erfolgt unter Beachtung des Beschlusses Nr. 66/12 des Landesjugendhilfeausschusses vom 4. Juni 2012 „Fachliche Empfehlungen zu Fachkräften im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe in Thüringen“.
5 Art und Umfang, Höhe der Zuwendung
5.1 Zuwendungsart
Die Zuwendung erfolgt als Projektförderung.
5.2 Finanzierungsart und -form
5.2.1 Die Zuwendung an die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe wird als nicht rückzahlbare Zuweisung in Form der pauschalierten Festbetragsfinanzierung gewährt.
5.2.2 Die Zuwendung an Träger der freien Jugendhilfe und sonstige juristische Personen für Maßnahmen nach Nr. 2.2 wird als nicht rückzahlbare Zuwendung in Form einer Anteilfinanzierung gewährt.
5.3 Bemessungsgrundlage
5.3.1. Die Pauschale an die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß Nr. 2.1 wird von dem für Kinder- und Jugendhilfe zuständigen Ministerium auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel des Landes mit nachfolgender Berechnung ermittelt:
a) jeder örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe erhält einen Sockelbetrag in Höhe von bis zu 40.000 EUR.
b) Aufstockung des Sockelbetrages auf der Grundlage der Zahl der Kinder im Alter von 0 bis 3 Jahren und der Zahl der Kinder von 0 bis 3 Jahren in Bedarfsgemeinschaften nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.
5.3.2 Die Höhe der Landeszuwendung nach Nr. 2.1 und 2.2 beträgt maximal 70 v.H. der zuwendungsfähigen Ausgaben.
5.3.3 Eine Co-Finanzierung der im Rahmen der Bundesstiftung „Frühe Hilfen“ zur Verfügung stehenden Bundesmittel ist für Maßnahmen nach Nr. 2.1 a) möglich.
6 Sonstige Zuwendungsbestimmungen
6.1 Die Vergütung von Beschäftigten erfolgt unter Beachtung des Besserstellungsverbotes. Für Zuwendungen nach Nr. 2.1 gilt der Tarifvertrag öffentlicher Dienst – Bund und Kommunen –. Gleiches gilt für Zuwendungen nach Nr. 2.2 unter Anwendung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder.
6.2 Reisekosten sind nach Maßgabe des Thüringer Reisekostengesetzes und der hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften zu gewähren.
6.3 Die Zuwendungen für Maßnahmen nach Nr. 2.1 können an kommunale Gebietskörperschaften und an Träger der freien Jugendhilfe weitergeleitet werden. Für die Weitergabe der Landesmittel gelten die Regelungen nach Nr. 12 der VV zu § 44 ThürLHO sowie die im Zuweisungsbescheid gesondert festgelegten Bedingungen und Auflagen.
7 Verfahren
7.1 Antragsverfahren
Der Förderantrag ist bis zum 30. November des dem Bewilligungszeitraum vorhergehenden Jahres beim TMBJS (Bewilligungsbehörde), Referat 41, Werner-Seelenbinder-Straße 7, 99096 Erfurt, einzureichen. Für das Haushaltsjahr 2022 erfolgt die Antragstellung spätestens bis zum 31. Dezember 2021.
7.2 Bewilligungs- und Auszahlungsverfahren
Die Bewilligung und Auszahlung der Zuwendung erfolgt durch die Bewilligungsbehörde.
7.3 Vorzeitiger Maßnahmebeginn
Im Einvernehmen mit dem für Finanzen zuständigen Ministerium wird gemäß der VV Nr. 1.4 Satz 2 zu § 44 Abs. 1 ThürLHO in den vorzeitigen Beginn bei allen Maßnahmen im Sinne der Nr. 2.1 dieser Richtlinie eingewilligt, für die bis zum 30. November des dem Bewilligungszeitraum vorhergehenden Jahres ein Förderantrag bei der Bewilligungsbehörde gestellt wurde. Für das Haushaltsjahr 2022 gilt diese Regelung für Anträge, die bis zum 31. Dezember 2021 vorgelegt werden.
Mit dieser Einwilligung ist kein Rechtsanspruch auf eine Förderung verbunden. Vielmehr handelt es sich hierbei ausschließlich um eine verfahrensbedingte Maßnahme, die zur Herstellung der Fördervoraussetzungen dem Grunde nach beiträgt, die aber keine der für eine Förderung noch zu erfüllenden Voraussetzungen ersetzen kann.
7.4 Verwendungsnachweis
7.4.1 Der Verwendungsnachweis zu Nr. 2.1 besteht aus einem zahlenmäßigen Nachweis und einem qualifizierten Sachbericht. Der qualifizierte Sachbericht beinhaltet die Darstellung der Verwendung der Mittel unter Berücksichtigung der in Nr. 1 dargestellten Ziele der Förderung. Die Vorlage des Verwendungsnachweises erfolgt bis spätestens zum 31. Dezember des Folgejahres bei der Bewilligungsbehörde.
7.4.2 Für die Verwendungsnachweisführung zu Nr. 2.2 ist ein Verwendungsnachweis nach Nr. 6.2–6.4 Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung vorzulegen. Dieser besteht aus Beleglisten, zahlenmäßigem Nachweis und einem Sachbericht. Die Vorlage des Verwendungsnachweises erfolgt bis spätestens zum 31. März des Folgejahres bei der Bewilligungsbehörde.
7.5 Zu beachtende Vorschriften
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung, für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung sowie die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die §§ 45, 47 und 50 SGB X sowie die Verwaltungsvorschriften zu § 44 ThürLHO, soweit nicht in dieser Richtlinie Abweichungen zugelassen worden sind.
7.6 Prüfungsrecht
Die Bewilligungsbehörde ist berechtigt, Bücher, Belege und sonstige Geschäftsunterlagen anzufordern und zu prüfen sowie die ordnungsgemäße Verwendung der Zuwendung durch örtliche Erhebungen zu prüfen oder durch Beauftragte prüfen zu lassen (§ 44 Abs. 1 Satz 3 ThürLHO). Die Prüfungsrechte des Thüringer Rechnungshofes (§ 91 ThürLHO) bleiben hiervon unberührt.
8 Controlling
Die Fördermaßnahmen werden durch den Zuwendungsgeber einer Zielerreichungskontrolle (Controlling) gemäß der Verwaltungsvorschrift zu § 23 ThürLHO unterzogen.
9 Übergangsregelungen/Schlussbestimmungen
Soweit die sachlichen bzw. örtlichen Gegebenheiten dies erfordern, kann das für Kinder- und Jugendhilfe zuständige Ministerium im Einzelfall Abweichungen von dieser Richtlinie zulassen, wenn hierfür unabweisbare und unvorhergesehene Gründe vorliegen.
10 Inkrafttreten/Außerkrafttreten
Diese Richtlinie tritt rückwirkend zum 1. Januar 2022 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2024 außer Kraft.